BundesratStenographisches Protokoll866. Sitzung / Seite 131

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Ich bin sehr froh darüber, dass all jene, die bisher unter Sachwalterschaft gefallen sind, mit dem neuen Gesetz – dieses gilt ab 1. Juli 2018 – auch überprüft werden. Es wird über­prüft, ob diese Maßnahme noch gerechtfertigt ist. Von diesen Clearingstellen, sozusa­gen von Mixed Teams, in denen jemand von der Justiz und auch jemand von der So­zialarbeit mit dabei ist, wird genau geprüft, wenn solche maßgeblichen Maßnahmen gesetzt wurden, die in die persönliche Freiheit eines Menschen eingreifen. Es ist doch oft so, dass es, wenn man einmal in den Mühlen des Gesetzes landet, sehr schwierig ist, wieder herauszufinden und herauszukommen.

Nun werden Maßnahmen gesetzt, die genau diese Menschen berücksichtigen. Es be­steht die Möglichkeit, dass alle drei Jahre überprüft wird, ob die Sachwalterschaft noch gerechtfertigt ist.

Auch das Heimaufenthaltsgesetz, das sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche bei un­zulässigen Freiheitsbeschränkungen Schutz und Vertretung erhalten, ist Gott sei Dank in dieser Novelle enthalten. Dieser Punkt war in der eigentlichen Regierungsvorlage nicht enthalten, aber es ist wichtig, dass auch Heime und andere Einrichtungen, die zur Pfle­ge und Erziehung Minderjähriger dienen, in diesem Gesetz miterfasst sind, speziell auch im Hinblick auf die Unterstützung für jene Menschen, die in der Vergangenheit leider Op­fer in Heimen wurden; das ist ganz wichtig. Den Staatsakt „Geste der Verantwortung“, zu dem unsere Nationalratspräsidentin Doris Bures und unser Bundesratspräsident Ma­rio Lindner geladen haben, werde ich wohl nie vergessen können, und ich glaube, wir alle sollen es auch nie vergessen.

Es gibt vier Arten der Erwachsenenvertretung, wir haben es heute schon gehört. Ich möchte nur ganz kurz zur Vorsorgevollmacht sprechen: Mit der Vorsorgevollmacht hat man die Möglichkeit, zu einem Zeitpunkt, zu dem man selber noch keine Beeinträch­tigung hat, für die Zeit, in der man möglicherweise eine haben wird, vorzusorgen. Das heißt, jeder und jede kann selbst entscheiden, wie man mit ihr, mit ihm umgehen soll, etwa bei Fragen der medizinischen Versorgung, wenn Schwächen eintreten. Man kann sagen, wie man im einen oder im anderen Fall behandelt werden will. Davon sollte man Gebrauch machen. Das verstehen wir unter Selbstbestimmung.

Alle Erwachsenenvertreter, das heißt, die gewählten und auch die gesetzlichen, müs­sen dem Gericht regelmäßig über die Lebenssituation der betroffenen Personen be­richten und auch Rechnung legen.

Das Reformkonzept beruht auf einem weiteren Ausbau, nämlich auf den durch die öf­fentliche Hand geförderten Erwachsenenschutzvereinen. Ihre Beratungsfunktionen wer­den ausgeweitet. Auch kann man von ihnen eine Vorsorgevollmacht errichten bezie­hungsweise einen Erwachsenenvertreter eintragen lassen. Die Erwachsenenschutz­vereine werden de facto zur Drehscheibe der Rechtsfürsorge ausgebaut.

Ich hoffe, Herr Minister, dass die noch offenen Fragen der Finanzierung – der einzige Schatten, der auf diesem Gesetz liegt – geklärt und für die Zukunft auch gesichert und geregelt sind.

Alles in allem ist das Erwachsenenschutz-Gesetz ein großer und positiver Wurf. In die­sem Gesetz werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass für zahlreiche Men­schen mit einer psychischen Krankheit oder mit einer vergleichbaren Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit deutlich bessere und menschenwürdigere Lebensumstän­de geschaffen werden. Es ist ein wichtiges Gesetz, ein gutes Gesetz, das man ruhig auch so bezeichnen kann, das vor allem die Würde und die Rechte der Menschen best­möglich wahrt. Ich danke allen, die zustimmen werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

15.15

 


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