BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 78

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eine wirkungsorientierte, von Ländern und Bund gemeinsam getragene Bündelung der Ressourcen im Bereich der Erwachsenenbildung erlaubt.

Ein wesentlicher Mehrwert des Modells liegt darin, dass sich die verfügbaren Landes­mittel und die Mittel des Bundes in ihrer Effektivität wechselseitig verstärken und damit nachhaltige bildungspolitische Wirkungen erzielbar sind, die aus Landes- und Bundes­mitteln allein nicht erzielbar gewesen wären. Durch Inanspruchnahme von Mitteln des Europäischen Sozialfonds kann im Bereich Basisbildung eine Erhöhung der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht und im Bereich Nachholen des Pflichtschul­abschlusses der Anteil der Frauen erhöht werden.

Meine Fraktion wird hiezu ihre Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ so­wie des Bundesrates Stögmüller.)

13.16


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kern zu Wort. – Bitte, Frau Bundesrätin.

 


13.16.50

Bundesrätin Sandra Kern (ÖVP, Niederösterreich): Hohes Präsidium! Geschätzte Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kolle­gen! Eigentlich ist es kaum zu glauben, aber es ist wahr: In Österreich können eine Million Menschen nicht richtig lesen, schreiben oder rechnen.

Wir hier herinnen können uns gar nicht vorstellen, was das für diese Menschen be­deutet. Das bedeutet, dass es schon eine Herausforderung ist, wenn man in den Super­markt einkaufen geht, weil man die Texte und die Preise nicht lesen kann. Das bedeutet, dass das Autofahren eine Herausforderung ist, weil man die Verkehrs­schilder nicht lesen kann. Das bedeutet, dass es eine Herausforderung ist, wenn man ein Formular ausfüllt, das man für einen Amtsweg braucht.

Viele Menschen verstecken sich jahrelang, jahrzehntelang mit ihrer Lese- und Schreib­schwäche, und es beeinträchtigt natürlich ihr soziales Leben. Scham und Versteckspiel sind ständiger Begleiter im Leben.

Jemand, der nicht lesen, schreiben und rechnen kann oder keinen Pflichtschulab­schluss hat, hat es nicht nur in der Gesellschaft schwer, sondern natürlich auch im Berufs­leben. Gerade diejenigen, die sich mit Bildungsdefiziten jahrelang irgendwie im Job durch­gekämpft haben, laufen heute Gefahr, gänzlich den Anschluss in der Arbeitswelt zu verlieren. Auch bei den klassischen Hilfsarbeiterjobs braucht man heute schon einen Computer oder ist mit Arbeitszeiterfassungssystemen konfrontiert. Ich nenne nur die Stichwörter Digitalisierung und Arbeitswelt 4.0.

Deswegen beschließen wir heute die Verlängerung einer Artikel-15a-Vereinbarung. Bund und Länder haben sich gemeinsam auf die Unterstützung beim Nachholen des Pflichtschulabschlusses und die Förderung zum Erlernen der Grundkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen im Erwachsenenalter geeinigt.

Allein in den Jahren 2015 bis 2017 haben 13 600 Personen kostenlos lesen, schreiben und rechnen gelernt. Weitere 5 800 Menschen haben mit dieser Förderung den Pflicht­schulabschluss geschafft. Nun ist geplant, in den nächsten vier Jahren die Mittel aufzustocken, damit insgesamt mehr als 27 000 Menschen einen großen Schritt in ein selbstbewussteres und eigenständiges Leben gehen können. Der Bund und die Länder nehmen dafür 72,6 Millionen € in die Hand und dazu kommen EU-Mittel von mehr als 38 Millionen €.

Die Fördermittel sind das eine, die größere Herausforderung wird es aber sein, Men­schen zu motivieren, an diesen Bildungsprogrammen teilzunehmen. Wir müssen es


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