BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 157

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len und sich diese Gesetzesänderungen, von denen wir sprechen, besonders auf Frauen auswirken.

Die Auswertung bestätigt die Tendenz, dass Kindesentführung oft nichts anderes ist als die Rückkehr einer Mutter in ihre Heimat nach dem Scheitern einer Beziehung, nämlich in den meisten Fällen. Wir wissen auch von Frauen aus Frauenhäusern, von der Interventionsstelle, dass hier sehr oft Gewalt im Spiel ist, das heißt, auch die Kin­der von Gewalt betroffen sind, und deshalb die Frauen zu ihren Familien in ihre Heimatländer zurückgehen.

Solang diese Differenzierung hier nicht möglich ist, sondern pauschal Kindesent­führung als Entführung betrachtet wird, wird das auf dem Rücken von vielen Frauen ausgetragen werden, und deshalb wäre unser Wunsch gewesen, hier eine Differen­zierung zulässig zu machen und nicht pauschal immer von bösartigen Entführungen zu sprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

18.22


Präsident Edgar Mayer: Bevor ich Herrn Vizepräsidenten Gödl das Wort erteile, darf ich unsere Staatssekretärin Muna Duzdar herzlich im Bundesrat begrüßen. – Willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gelangt Herr Vizepräsident Gödl. – Bitte.

 


18.23.03

Bundesrat Mag. Ernst Gödl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Frau Kollegin, ich bin schon etwas überrascht über Ihre Haltung, vor allem über die Interpretation dieses Gesetzes, das wir jetzt hier beschließen, des Kinder-Rückführungs-Gesetzes, denn in vielerlei Hinsicht geht es ja um formelle Änderungen. Einerseits lösen wir damit ja auch das Durch­führungsgesetz für das Haager Übereinkommen auf und integrieren diesen familien­rechtlichen Teil in jenes Stammgesetz, in dem wir insgesamt die familien- und verfah­rens­rechtlichen Angelegenheiten untergebracht haben, nämlich in das Außer­streitgesetz. Das ist jetzt einmal eine rein formelle Angelegenheit.

Wir haben übrigens vor drei Monaten auch an dieser Stelle über dieses Haager Über­einkommen debattiert, weil damals zehn weitere Länder beigetreten sind und wir dem als Vertragsstaat auch zustimmen mussten. Nur zur Information: Derzeit sind über 50 Länder diesem Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung aus dem Jahr 1980 beigetreten.

In Zuge dieser Änderungen – du hast es schon angesprochen – reagieren wir auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der uns sehr wohl, gerade als Anspruch an das Kindeswohl, mitgeteilt hat, dass wir in vielerlei Hinsicht unsere Verfahren ändern sollen, beschleunigen sollen. Es soll eben gerade in dieser ersten Phase, wenn ein Kind seinem zweiten Elternteil rechtswidrig entzogen wird, mit kurzen Verfahrensdauern die dringende Möglichkeit geschaffen sein, die Rückführung des Kindes durchzusetzen, damit sich das Kind eben nicht an eine neue Umgebung gewöhnt.

Das Haager Übereinkommen regelt übrigens auch das relativ eindeutig, wenn ein Kind von einem Elternteil entführt wird und sich dann an eine neue Umgebung gewöhnt. Da gibt es einen Zeitraum, wenn ich das richtig im Kopf habe, von einem Jahr, nach dem es im Sinne des Kindeswohles besser sein kann, dass das Kind dort bleibt, wohin es entführt wurde.

Es gibt also viele Aspekte, die hier jetzt zu beachten sind, und ich bin schon etwas überrascht, dass ihr, liebe Grüne, jetzt all diese Maßnahmen, zur Konzentration der Behörden zum Beispiel, alles, was wir hier beschließen, ablehnt. Konzentration der


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