BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 158

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Behörden heißt, dass nur mehr zwei Bezirksgerichte für die Abwicklung zuständig sind. Auch das ist sinnvoll, denn es sind ja keine Fälle, die oft auftreten, damit wir das auch ins richtige Licht rücken. Zum Glück hat die ganz große Mehrheit unserer Familien ja nie mit diesem Gesetz zu tun. Schön wäre es, wenn niemand damit zu tun hätte. Es sind circa 60 Fälle im Jahr, in denen Kinder von Österreich ins Ausland entführt werden, und circa 30 Ansuchen pro Jahr, in denen Eltern von anderen Ländern bei uns um eine Verfahrenshilfe ansuchen, um das Kind rückzuführen.

Wir regeln in diesem neuen Gesetz auch zum Beispiel Folgendes, und das ist ganz wichtig: Sollte während dieser Entführungszeit das Sorgerecht im betreffenden Staat, wo das Kind herkommt, zugunsten des entführenden Elternteils entschieden werden, dann wird das Verfahren sofort eingestellt. Auch das wird neu geregelt.

In jeder Hinsicht steht also das Kindeswohl im Mittelpunkt dessen, was wir hier neu und verfeinert im Sinne des Haager Übereinkommens regeln, das wir ja schon sehr lange ratifiziert haben. Daher ist es aus meiner Sicht völlig unverständlich, dass wir hier in Österreich keine einstimmige Beschlusslage zusammenbringen. Ich habe höchstes Vertrauen in unseren Rechtsstaat, dass wir hier so gut wie möglich handeln, nämlich auch insofern, als wir jetzt die Bestimmungen so anpassen, dass wir eine effiziente Verwaltung, eine effiziente Nachverfolgung in diesen sehr, sehr schwierigen, sehr sensiblen Fällen gewährleisten können.

Daher werden wir seitens der Volkspartei natürlich dieser Novelle, diesem Gesetz zustimmen, eben gerade im Interesse des Kindeswohls in den sensiblen Fällen einer Kindesentführung im familiären Bereich. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

18.27


Präsident Edgar Mayer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesrat Weber. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.27.52

Bundesrat Martin Weber (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ein Kind entführt wird, ist das für die Eltern und für das Kind immer ein ganz dramatisches und tragisches Ereignis. Ich glaube, so ein Fall gehört wohl zu den schlimmsten Ereignissen, die einer Familie überhaupt passieren können. Auch der Öffentlichkeit geht so ein Ereignis emotional immer sehr nahe und verursacht immer sehr viel seelischen Schmerz.

Entführungen durch Fremde sind eher eine Seltenheit, aber Entführungen im Familien­kreis sind gar nicht so selten. Ich war eigentlich, muss ich sagen, schon erschüttert, als ich am Dienstag im Ausschuss nach der Zahl von Entführungen gefragt habe: Rund 30 Kindesentführungen aus und nochmals rund 30 Kindesentführungen nach Österreich gibt es Jahr für Jahr, die Tendenz ist leicht steigend.

Von diesen rund 60 Fällen können – und das ist auch gut so – circa 50 Fälle innerhalb von zwölf Monaten einvernehmlich gelöst werden. Der sogenannte Fall Oliver ist eher die negative Extremausnahme. Es ist ein unbeschreibliches Martyrium, das Marion Olivia Weilharter, die Mutter von Oliver, durchleben musste. Die Steirerin hatte nicht nur einen Kampf um ihr Kind zu führen, seit ihr Ex-Mann den Kleinen gegen ihren Willen nach Dänemark brachte, sondern auch einen Kampf gegen die Mühlen und Windmühlen der unterschiedlichen Rechtsprechungen zweier Länder. Oft konnten keine Erhebungen oder Fahndungen in Österreich durchgeführt werden, wenn beide Elternteile mit der Obsorge betraut waren, wenn die Rechtslage im jeweiligen Her­kunfts­land ebenso gestaltet war. Das soll sich nun schrittweise ändern, wenn eine Entführungssituation vorliegt.

 


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