BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 53

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Sie wollen die Staatsausgaben massiv kürzen, das hören wir auch in jeder Ihrer Re­den. Wie das gegenfinanziert werden soll, hören wir weniger oft. Es wird allerdings quasi mantraartig gefordert, dass bei der Mindestsicherung der Sparstift anzusetzen ist; darin sind Sie sich auch mit der FPÖ einig.

Schauen wir uns doch einmal an, was das bringen würde: Die Kosten für die Mindest­sicherung in Österreich machen ein 76stel des Budgets aus, also 1,3 Prozent. Konkret beliefen sich die Ausgaben für das Jahr 2016 auf etwas mehr als 1 Milliarde €; mit die­ser Milliarde werden 325 000 Erwachsene und Kinder davor bewahrt, in die Armut ab­zurutschen.

Ich darf nur darauf hinweisen – ein kleiner Nebenaspekt –, dass es im Übrigen genau­so viel Geld ist, wie Herr Sobotka als Finanzreferent in Niederösterreich verzockt hat. (He-Ruf bei der ÖVP. – Zwischenruf des Bundesrates Pum.) Er hat mit Wohnbaugel­dern spekuliert, die erhoffte Rendite hat sich nicht eingestellt, der Rechnungshof bezif­fert den Schaden auf etwa 1 Milliarde €, aber darüber diskutieren wir natürlich nicht. (Bei­fall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

Stattdessen wird über vermeintlich Faule geredet, und es werden Flüchtlinge attackiert. Die Flüchtlinge machen im Übrigen nicht einmal ein Drittel der Mindestsicherungsbe­zieherInnen aus. Sie warnen auch immer wieder vor der Migration ins Sozialsystem. Der Zuzug nach Österreich gefährde den Sozialstaat, da Migrantinnen und Migranten nichts einzahlen und sofort Sozialleistungen erhalten. Tatsächlich ist das ein Märchen, denn im Jahr 2016 zahlten Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft 5,3 Mil­liarden € über Beiträge in das Sozialsystem ein – über Steuern auf Einkommen, Ge­winne und Konsum –, doch an diese Gruppe ausbezahlt wurden lediglich 3,7 Milliar­den €. Immigrantinnen und Immigranten sind also Nettozahlerinnen und -zahler und fi­nanzieren unseren Wohlstand mit. (Bundesrat Gödl: Na, bitte!) Das lässt sich alles nach­lesen, wenn man will. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ein paar Worte noch zu Ihren Ressorts: Entwicklungszusammenarbeit. Sie rühmen sich ja damit, dass unter Ihrer Führung die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit ge­stiegen sind. Sie sind tatsächlich leicht erhöht worden, das war auch dringend notwen­dig, und es war auch immer eine Forderung der SPÖ, der jahrelang nicht nachgekom­men wurde. Allerdings werden die Ausgaben zur Versorgung von Asylwerbern im In­land als Entwicklungshilfegelder angerechnet. Diese Gelder decken demnach zu einem großen Teil die Flüchtlingskosten im Inland ab und fließen nicht in Projekte ins Aus­land. Für jeden aus einem Entwicklungsland kommenden Studierenden wird ausgerech­net, was er einer Uni im Schnitt kostet, und auch diese Beiträge werden als Entwick­lungshilfe angerechnet. (Präsident Mayer gibt das Glockenzeichen.)

Hinzu kommen Entschuldungen, die oft künstlich aufgeblasen sind, damit sie größer wir­ken. Auf solche Posten entfallen drei Viertel von Österreichs Entwicklungsleistungen ab­seits der Beiträge an internationale Organisationen, also nicht auf Hilfe vor Ort – und von dem angestrebten 0,7-Prozent-Ziel sind wir trotzdem noch weit entfernt.

 


Präsident Edgar Mayer: Bitte kommen Sie zum Schlusssatz!

 


Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (fortsetzend): Herr Bundesminister, es gibt noch ei­nige Themen, die ich gerne mit Ihnen besprochen hätte, zum Beispiel Afrika und wofür Sie sich da einsetzen, auch andere Themen, die ebenfalls wichtig sind. Leider muss ich jetzt meine Rede beenden (Zwischenruf des Bundesrates Brunner), erwarte mir von Ihnen aber Maßnahmen, wenn es um Asyl und Migration geht, die den Menschen wirk­lich helfen, damit sie eben nicht zur Migration gezwungen sind. Ich erwarte mir keine Maß­nahmen wie die Neugestaltung des Asylsystems, das in keinster Weise dem Asylsys­tem der Genfer Konvention entspricht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.58

 


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