BundesratStenographisches Protokoll888. Sitzung, 888. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2018 / Seite 43

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

Vizepräsident Ewald Lindinger: Der von den Bundesräten Bader, Mühlwerth, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Leistungs­siche­rungsrücklagen der Gebietskrankenkassen“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung. (Bundesrat Stögmüller: Wird der ausgeteilt oder nicht?)

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gerhard Leitner. Ich erteile dieses.


10.25.02

Bundesrat Dr. Gerhard Leitner (SPÖ, Kärnten): Herr Präsident! Frau Ministerin! Der Kassenumbau soll vollzogen werden – trotz aller Warnungen, der vernichtenden Kritik des Rechnungshofes und der mehr als 70 Einsprüche und Stellungnahmen, die es dazu gibt. Eine gut funktionierende Gesundheitsversorgung wird hier aufs Spiel gesetzt, zu hohen Kosten und bei keinem ersichtlichen Nutzen für die, die es betrifft, nämlich die Patientinnen und die Patienten.

Die Regierung hat ihre Gesetzesvorhaben eiskalt durchgezogen, im Alleingang. (Bundesrätin Mühlwerth: Und das schmerzt!) Niemand von den Betroffenen wurde dazu befragt oder auch zurate gezogen; sogar die Gebietskrankenkassen haben die Nachricht über ihre Auflassung aus den Medien erfahren. – So viel zum Stil der Regierung und zur Durchsetzung ihrer autonom getroffenen Entscheidungen und, Frau Ministerin, natürlich auch zur Frage der sozialen Kälte. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf des Bundesrates Seeber.)

Worum geht es der Regierung? – Nun, das liegt auf der Hand: Durch die Zerschlagung der Selbstverwaltung erhalten Wirtschaft und Arbeitgeber mehr Macht und Einfluss. Sie werden künftighin bestimmen, welche Leistungen es für die Patienten geben wird. Zu befürchten sind weitere Schritte wie zum Beispiel die Erhöhung beziehungsweise Einführung von Selbstbehalten, von Ambulanzgebühren, Leistungskürzungen, Priva­ti­sie­rungen im Gesundheitswesen et cetera, et cetera. (Bundesrat Steiner: Hätti wari wäri!)

Ein Hohn ist die geplante Einführung von VIP-Bereichen für Reiche und eine Son­derklasse für Ambulanzbereiche; das wurde auch im Nationalrat bereits ausführlich diskutiert. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrätin Ecker: Das wurde im Ausschuss zurück­gewiesen! – Bundesrat Schuster: ... hat sich dafür eingesetzt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Gerade die ÖVP, die sich als Familienpartei bezeichnet, tritt dafür ein, dass die Mutter mit dem kranken Kind warten muss und der Herr Generaldirektor durchmarschiert, weil er es sich leisten kann. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ma bitte!) Das, liebe Freunde, ist unfassbar. In diesem Fall regiert die Kreditkarte und nicht die e-card. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Sozialdemokratie setzt sich dafür ein und kämpft dafür, dass es eine gute und gerechte Gesundheitsversorgung für alle gibt, ohne Unterschied aufgrund der Größe der Brieftasche oder der sozialen Stellung, ohne Privilegien und Sonderklassen für Reiche.

Beim Umbau der Sozialversicherung geht es sichtlich um Geld und um parteipolitische Macht (Heiterkeit bei Bundesräten der FPÖ – Bundesrat Steiner: Der Parteigünstling der SPÖ Kärnten!), daher werden Strukturveränderungen mit der Zielsetzung vorge­nom­men: mehr Geld für die Großkonzerne und weniger Geld für die Arbeitnehme­rinnen und Arbeitnehmer! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zur Durchsetzung ihrer Ziele braucht die Wirtschaft eine Mehrheit in den Ent­schei­dungsgremien der Kassen. Über die Gesundheitsversorgung entscheidet nicht mehr der Versicherte, der Beitragszahler, sondern der Dienstgeber. Das soll mit der Parität in den Organen erreicht werden. Das verstößt gegen verfassungsrechtliche Grund­sätze der Selbstverwaltung. (Vizepräsident Brunner übernimmt den Vorsitz.)

 


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite