BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 104

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Vizepräsident Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Prischl. Ich erteile es ihr.


15.05.01

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Wer­te Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Sehr geehrte Zuhörer und Zuseher auf der Galerie und zu Hause! Wieder einmal, das muss man schon betonen, wurde von der Regierung ohne ausreichende Begutachtung ein rechtlich zweifelhaftes Gesetz durch das Parlament gepeitscht. Kollegen haben das schon angesprochen, ich kann das wirklich nur bestätigen.

Vom Wegfall des Feiertags sind die ArbeitnehmerInnen, auch das haben KollegInnen schon angesprochen, sowie die Gemeinden der christlichen Minderheiten betroffen. Für die evangelischen Kirchen als Kirchen der Reformation ist der Karfreitag ein zen­traler Feiertag. Die Religionsausübung dieser Minderheitskirchen zu beschneiden und ihren wichtigsten Feiertag zu kappen zeugt von beispielloser Unverfrorenheit. Es ist auch demokratiepolitisch und menschrechtlich eine mehr als bedenkliche Vorgangs­weise. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Rösch: Die ist sicher aus der Kirche ausge­treten und redet über die Religion!)

Die evangelische Kirche hat ganz anders reagiert, als es von Herrn Kollegen Seeber, der ja Herrn Bischof Bünker erwähnt hat, dargestellt wurde. Ich habe eine Resolution in den Händen, die Sie auch bekommen haben, in der steht, dass wir sie bitte unterstüt­zen sollen. Sie haben kein Einverständnis gegeben. Die evangelische Kirche in Öster­reich hat diese Resolution an alle BundesrätInnen übermittelt und prüft auch rechtliche Schritte gegen die beschlossene Regelung. „Die Einführung eines persönlichen Feier­tages im Rahmen des Urlaubskontingentes als Ersatz für den Karfreitag“ lehnt der Synodenpräsident Peter Krömer „strikt ab. Die kurze Frist und die Art der Gesetzwer­dung hat den Evangelischen Kirchen das nach § 14 Protestantengesetz vom 6. Juli 1961 eingeräumte Begutachtungsrecht in Angelegenheiten, die sie unmittelbar betref­fen, genommen.“

Für uns Sozialdemokraten ist es nach dem EuGH-Urteil die logische Konsequenz, den Karfreitag für alle zum Feiertag zu machen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.) Ich darf noch einmal betonen, dass auch der evangelische Bischof Michael Bünker dies schon mehrmals zur Diskussion gestellt hat, nur gehört wurde er nicht, und das hat er hier auch beschrieben. Der evangelische Superinten­dent der Diözese Niederösterreich Lars Müller-Marienburg befürchtet, dass das gottes­dienstliche Leben am Karfreitag durch diese neue Regelung stark beeinträchtigt wird. In Niederösterreich sind immerhin 39 000 Protestanten – 39 000! – von dieser Neure­gelung betroffen. Das ist nicht wenig.

Eine Glaubensgemeinschaft, die in ihrer Geschichte bis weit ins vergangene Jahrhun­dert hinein nicht wenig Leid erfahren hat, von Regierungsseite her derartig zu demüti­gen, das ist wohl einmalig in der Zweiten Republik! Die Religionsausübung ist ein Grund­recht, und dieses Grundrecht stellt die Regierung infrage. Der für die Religionen zu­ständige Minister sollte sich schämen. (Zwischenrufe bei ÖVP und FPÖ.)

Heinz Lederleitner, Bischof der in Österreich seit 1877 anerkannten Altkatholischen Kir­che, findet die neue Karfreitagsregelung ebenfalls unbefriedigend und hat dies in Form eines Briefs an seine Mitglieder kundgetan. Ich zitiere aus seinem Schreiben: „Ich rufe alle Altkatholik*innen auf, sich durch Leserbriefe, in elektronischen Medien und im per­sönlichen Umfeld zu äußern und das demokratische Recht auf öffentliche Meinungs­darstellung wahrzunehmen. Dies sehe ich als einen wichtigen Dienst im Sinn unserer Kirche und als eine Stärkung“ (Heiterkeit bei BundesrätInnen der FPÖ) – ist das so lus­tig, Herr Kollege? (Bundesrätin Mühlwerth: Nein, das hat nichts mit dir zu tun! Das ist


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