BundesratStenographisches Protokoll890. Sitzung, 890. Sitzung des Bundesrates am 14. März 2019 / Seite 130

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schenruf des Bundesrates Schuster.) Am Tag nach der Brexitabstimmung war es Ihre Partei, die diesen Herrschaften in Großbritannien gratuliert und sie unterstützt hat. Bitte betreiben Sie keine Kindesweglegung! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich will aber zuerst darauf eingehen, wie es überhaupt zu diesem Ergebnis bei der Bre­xitabstimmung kommen konnte. Was ist denn da ein paar Jahre zuvor passiert? – Vie­le, viele Jahre davor hat es auf europäischer Ebene begonnen, und zwar durch kon­servative Mehrheiten, die es in Nationalstaaten gegeben hat, die auf eine Politik ge­setzt haben, die ganz klar von energischer Sparpolitik, von Schuldenbremsen und feh­lenden Investitionen geprägt war. Die Säule der sozialen Union als gemeinsame Vision für ein besseres Europa wurde dabei leider völlig vergessen, sie ist völlig in Vergessen­heit geraten.

Was ist entstanden? – Arbeitslosigkeit, teilweise in besorgniserregender und skandalö­ser Höhe, teilweise eine dramatische Jugendarbeitslosigkeit in vielen Regionen Euro­pas. Was ist das für eine Botschaft an die Jugend, wenn diese frisch motiviert aus den Schulen und von der Uni kommt und wir sagen: Wir haben für dich keine Beschäf­tigung? – Viele brennende Vororte in manchen europäischen Städten zeigen, wo es geendet hat (Ruf bei der FPÖ: Meistens sozialistisch geführt!): Jobverlust in vielen Be­reichen, das Wohnen ist empfindlich teurer geworden. Auf Deutsch gesagt: Die Men­schen waren frustriert und angefressen und haben einfach kein Vertrauen mehr in das gemeinsame Europa gehabt.

In genau diesen Winkel habt ihr hineingestochen. Diese Stimmung haben Rechte, Kon­servative und Populisten genutzt, und zwar sowohl in Großbritannien als auch in an­deren Mitgliedstaaten, die wir kennen. (Zwischenruf des Bundesrates Krusche.) Es ist auf Teufel komm raus gezündelt worden, falsche Versprechungen wurden getätigt. In England hat es geheißen, 350 Millionen Pfund fließen Woche für Woche ins Gesund­heitssystem, wenn man aus der Europäischen Union aussteigt. Mir fällt da gerade die Patientenmilliarde ein, von der wir in Österreich gehört haben und an die auch kein Mensch glaubt. (Bundesrat Steiner: Wie der Ederer-Tausender?!)

Wo sind sie heute, diese ganzen Zündler auf europäischer Ebene? (Rufe und Gegen­rufe zwischen BundesrätInnen von FPÖ und SPÖ.) Wo ist David Cameron, wo ist Boris Johnson, wo ist Nigel Farage? – Unsere Kollegin von den Grünen hat es ja treffend formuliert: Das gemeinsame Haus von Europa wurde angezündet und dann haben sie sich allesamt vom Acker gemacht. Die Gesellschaft ist gespalten zurückgeblieben, ist gegeneinander ausgespielt worden, und das alles auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger, die leider Gottes vielen, vielen falschen Versprechungen aufgesessen sind.

Werden am 26. Mai 2019 bei der Wahl zum Europäischen Parlament jene Nationalis­ten gestärkt, die ein wenig abgekupfert America First oder Italien First – das sind alles eure Verwandten –, Ungarn First, Polen First propagieren, dann ist das Ende des ge­meinsamen Europas eingeleitet. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Sieht man nur mehr die nationalistischen Interessen und rückt das gemeinsame große Ganze in den Hinter­grund, ist Europa am Beginn vom Ende. (Bundesrat Steiner: Deswegen habt ihr ja den Schieder geschickt, der rettet das jetzt! Der Retter Europas!)

Wir wissen, wo das enden kann: Frankreich und Deutschland haben sich über Jahr­hunderte hinweg gegenseitig die Köpfe eingeschlagen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr seid die, die zündeln!) – Wollen wir dahin wirklich wieder zurück? Werden jene Natio­nalisten gestärkt, gibt es das gemeinsame Ganze in Europa nicht mehr. (Bundesrätin Mühlwerth: Ihr seid die, die zündeln!) Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, früher oder später wird es mit dem Frieden auf europäischem Boden auch vorbei sein. (Bun­desrat Steiner: Mayakalender! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Meine Kollegin, Frau Doris Hahn, hat es schon gesagt, natürlich gibt es kein Rosinen­picken, das kann es nicht geben. Einen britischen Abgang – sich ewig zu verabschie-


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