Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 59

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Schmidt. – Bitte, Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort. Redezeit: 18 Minuten.

13.44

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Minister! Ich glaube, ich brauche jetzt nicht zu wiederholen, was alles in der vorliegenden Urheberrechtsgesetz-Novelle geregelt ist. Erstens sollte es bekannt sein, zweitens wurde es von meinen Vorrednern zu einem gut Teil ausgeführt.

Ich glaube, daß es vor allem darauf ankommt, zu verstehen – das ist jedenfalls unser Verständnis dieser Novelle –, daß es ganz konkret um den Stellenwert des geistigen Eigentums geht. Das materielle Eigentum hat bei uns in Österreich – das ist zwar keine österreichische Besonderheit, aber gerade bei uns besonders ausgeprägt – einen Stellenwert, der wunderbar bezifferbar ist. Daher ist ja auch die Regelung der Verwertung materiellen Eigentums nie ein Problem gewesen. Es gibt finanzielle Spielregeln. Was das geistige Eigentum betrifft, mußten Regeln erst aufgestellt werden.

Wenn nun Kollegin Fekter zwar einen scheinbar ähnlichen Zugang zu den Dingen hat und das geistige Eigentum unter einem besonderen Blickwinkel beleuchtet, dann aber dazusagt, weil wir uns in einer Marktwirtschaft befinden, müsse man für das geistige Eigentum eben auch einen entsprechenden Marktwert finden, so halte ich das für eine bedenkliche Formulierung, und zwar deswegen, weil sie sich damit in einem Fahrwasser bewegt, das dahin geht, daß Dinge nur an ihrem Marktwert gemessen werden und als Maßstab, ob es nun Menschen oder andere Dinge betrifft, vor allem Zahlen gelten. Etwas hat erst dann seinen Wert, wenn sein Nutzen zu beziffern ist. Das alles führt eben dazu, daß nicht nur die Kulturpolitik nicht wirklich ernst genommen wird, sobald sie sich außerhalb des Marktwertes, wie von Ihnen erwähnt, bewegt. (Abg. Dr. Fekter: Was sind Marktwerte und Verwertungsbeiträge? – Das ist doch Markt!) Genau darum geht es ja, daß Sie meinen, daß das der einzige Maßstab sein sollte, um mit geistigem Eigentum umgehen zu können. Das geht dann eben so weit, daß man Menschen auch daran mißt, was sie wert sind, welchen Wert sie für eine Gesellschaft noch haben können, alte Menschen, Behinderte, Fremde und dergleichen mehr. Man muß die Zusammenhänge sehen.

Es mag schon sein, daß es Ihnen vielleicht lächerlich vorkommt, daß man den Bogen so weit spannt. Ich glaube aber, daß es sogar sehr wesentlich wäre, daß insbesondere Politiker ganzheitlich denken und dies auch formulieren. Man sollte die Zusammenhänge sehen und die Folgen, die sich daraus ergeben.

Wenn Ihrer Meinung nach dieses geistige Eigentum eben nur über den Marktwert zu messen sein sollte, dann, muß ich sagen, verweigere ich einfach eine Diskussion über eine solche Geisteshaltung, weil ich glaube, daß sich eine Gesellschaft auch Dinge leisten muß, ja fördern muß, die keinen Marktwert haben, daß sich eine Gesellschaft sogar Dinge leisten soll, die keinen "Nutzen" haben – wobei ich jetzt "Nutzen" deswegen unter Anführungszeichen setze, weil dieses Wort eben so gemeint ist, wie es landläufig in unserer Gesellschaft verwendet wird.

Das Urheberrecht ist zwar eine Materie, die im Justizausschuß zu verhandeln ist, es handelt sich aber eigentlich um Kulturpolitik. Es wäre so wichtig, diesen Zugang zu begreifen, nämlich daß es darum geht, daß wir etwas wollen, was nicht unmittelbaren materiellen Nutzen hat. (Beifall beim Liberalen Forum.) Aus diesem Zugang heraus werden wir Dinge anders entscheiden, und zwar geht das bis hin zu diesem Urheberrecht.

Ich komme noch auf die Kopierabgabe zu sprechen, von der Sie auch gesprochen haben und hinsichtlich derer Sie sich vorhin so stark gemacht und gemeint haben, man solle das noch in letzter Sekunde ändern. Die Affinität zur FPÖ ist keine neue, aber mir liegt daran, sie immer wieder auch in den Vordergrund zu stellen.

Daß die produzierende Kunst in Österreich der reproduzierenden gegenüber ganz klar benachteiligt ist, ist auch eine Tatsache. Nun weiß ich schon, daß wir über den Kunstbericht erst nachher reden werden, aber es ist notwendig, diesen Bezug schon beim Urheberrecht herzu


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