Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 119

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Eine weitere Frage, die anzusprechen immer tunlichst unterlassen wird, ist die Frage: Was kostet denn überhaupt dieser Beitritt zur NATO oder auch zur WEU?

Verteidigungsminister Fasslabend tut so, als wären wir im Ausverkauf, und bietet uns den Beitritt zur Westeuropäischen Union fallweise auch schon zum Sonderangebot, mit Rabatt an. Er meint, der Beitritt würde Österreich eigentlich ohnehin nichts kosten, denn wenn alle anderen Länder beitreten, dann werden eben die ihre Rüstungssysteme umstellen, und wir können uns dann mit einem relativ kleinen Beitrag durchschwindeln und so viel billiger fahren, als würden wir allein beitreten. Das ist gleich sein Argument für die NATO-Osterweiterung.

Auch hier wird tunlichst verschwiegen, was längst anhand von durchaus seriösen Untersuchungen auf dem Tisch liegt und auch durch Aussagen von führenden Militärs des Landesverteidigungsministeriums belegt ist: Die Mindestkosten eines NATO-Beitrittes betragen das Doppelte des Landesverteidigungsbudgets, das heißt also, es ist eine Verdoppelung von 20 auf 40 Milliarden notwendig. (Abg. Hans Helmut Moser: Wer sagt denn das?) Das ist das mindeste. (Abg. Scheibner: Können Sie die Kosten aufschlüsseln?) Diese Kosten sind aufgeschlüsselt worden, und Sie können sie nachlesen in der Zeitschrift "NEWS" aus dem vorigen Jahr: Aufstockung des Personals, höherer Sachaufwand durch die NATO-Übungen, höhere Investitionen, die Umstellung des Militärs, all das bringt eine Mindestverteuerung von 20 auf 40 Milliarden. (Abg. Scheibner: Bringen Sie die Alternative!)

Aber es ist ohnedies logisch. Schauen Sie sich den Durchschnitt des Verteidigungsbudgets in den 16 NATO-Mitgliedsländern an. Der Durchschnitt des Verteidigungsbudgets beträgt 3,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Wenn wir das erreichen wollten, dann hätten wir ein Verteidigungsbudget in der Höhe von 72 Milliarden. Das ist wohl völlig unrealistisch, das kann man festhalten.

Aber ich frage Sie: Wie wollen Sie allein diese Steigerung von 20 auf 40 Milliarden vor der Bevölkerung vertreten? Wir haben erst vor zwei Monaten in diesem Haus eine Diskussion über die Sparpakete für die nächsten zwei Jahre gehabt. (Abg. Scheibner: Bringen Sie die Alternative!) Hier wurden Streichungen bei den Sozialleistungen vorgenommen, die Familien wurden regelrecht geschröpft, die Familienbeihilfen gekürzt. Das nächste Sparpaket steht vor der Tür, es wird notwendig sein, trotz der Beteuerungen, daß keines kommen wird. Und Sie reden locker davon, daß das eine Priorität ist, die Österreich in diesem Bereich zu setzen hat, obwohl ein NATO-Beitritt mindestens eine Verdoppelung des Landesverteidigungsbudgets erfordert, ungeachtet aller sozialen und wirtschaftlichen Anstrengungen, die Österreich unternehmen sollte, ja ungeachtet dessen, daß Sie sich in einem Widerspruch zu Ihren eigenen Aussagen befinden, Herr Bundeskanzler, wenn Sie sagen, das zentrale Anliegen der Regierungskonferenz sei die Beschäftigungspolitik. Wie wollen Sie denn Beschäftigung sichern und ermöglichen, wenn Sie das Geld in die Aufstockung des Landesverteidigungsbudgets pulvern? (Beifall bei den Grünen.)

Fragen Sie doch die Österreicher und Österreicherinnen, was sie lieber wollen, ob sie lieber Radpanzer und Schützenpanzer oder lieber eine ordentliche Familienbeihilfe wollen. Fragen Sie doch die Österreicher und Österreicherinnen, ob sie lieber neue Abfangjäger als Nachfolger der Draken wollen oder ob sie lieber eine Sicherung ihrer Arbeitsplätze, eine Mindestsicherung ihrer sozialen Situation wollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: So eine Polemik! Das ist ja unglaublich!)

Aber diese Antworten scheuen Sie natürlich, denn – und das kommt nicht von mir, das haben auch schon andere Kommentatoren in den letzten Monaten festgestellt – es wäre vermutlich leichter für Sie, eine Volksabstimmung über die Inbetriebnahme von Zwentendorf zu gewinnen, als – angesichts der sozialen und finanziellen Situation, in der wir uns befinden – eine Volksabstimmung darüber zu gewinnen.

Die einzigen, die davon profitieren – das sei hier auch einmal festgehalten –, sind das österreichische Bundesheer – seine Existenz ist dann gesichert – und die Rüstungsindustrie. Auf diesen Zusammenhang mit der Rüstungsindustrie und der NATO-Erweiterung und auch eines NATO-Beitrittes Österreichs möchte ich noch eingehen.


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