Der nächste Punkt – und da sind wir ja bei diesem Fall –: Uns wird immer von Ihnen und den Vertretern der Regierung vorgeworfen, Österreich würde Trittbrettfahrer sein, wenn wir hier nicht mitmachen und uns nicht an einer NATO-Erweiterung beteiligen.
Zum einen frage ich mich: Was wäre denn so schlimm daran, Trittbrettfahrer zu sein, wenn Sie das so bezeichnen wollen? Wir haben einen neutralen Status, und wenn Ungarn, Slowenien, Tschechien und Polen der NATO beitreten, dann frage ich Sie: Was stört Sie daran, daß wir neutral bleiben, aber durchaus partizipieren und teilnehmen an einer gemeinsamen Außenpolitik der Europäischen Union? Was stört Sie eigentlich daran? Was soll daran diskreditierend sein? Abgesehen davon, daß auch der Verteidigungsminister festgestellt hat, daß es uns sogar noch billiger käme. Die Frage ist aber politisch zu beantworten.
Schauen Sie sich diese NATO-Osterweiterung einmal an. Nach einer Studie des amerikanischen Verteidigungsministeriums würde die NATO-Osterweiterung für diese Länder 124 Milliarden Dollar kosten. (Abg. Hans Helmut Moser: Das stimmt ja nicht! Das ist eine theoretische Berechnung, die nicht stimmt!) Das ist ein Betrag, der für uns kaum mehr vorstellbar ist. Und ich frage Sie, wie glaubwürdig Sie mit Ihrer Politik sind, wenn Sie immer wieder beteuern, daß Sie für eine Osterweiterung sind, und zwar nicht in militärischer, in verteidigungspolitischer Hinsicht, sondern in wirtschaftlicher Hinsicht, in Hinsicht auf die Europäische Union.
Sie treten immer wieder dafür ein, Sie sind – in einer eigenartigen Parallelität – für ein Kerneuropa und die Osterweiterung. Ich könnte das natürlich so interpretieren: Sie sind für Kerneuropa, was die wirtschaftliche Seite Europas betrifft, und Sie sind für die Osterweiterung, was die verteidigungspolitische Seite betrifft, denn anders kann sich das nicht ausgehen. Das untermauern auch diese Studien und Untersuchungen. Wenn diese Länder diesen Betrag tatsächlich aufbringen müssen – und der ergibt sich daraus, daß sie ihre Waffensysteme umstellen und an die Erfordernisse der NATO adaptieren müssen –, dann können sie vergessen, jemals die Kriterien einer Wirtschafts- und Währungsunion auch nur annähernd zu erreichen und auch nur in die Nähe eines Beitrittes zur Europäischen Union zu kommen.
Ich kann nur hoffen, daß die Regierungen dieser Länder auf diese Tücke und auf diese Falle draufkommen, daß ihnen mit der NATO-Osterweiterung zwar eine dieser kleinen Türen, eine Falltüre, zur Europäischen Union geöffnet wird, aber das große Tor verschlossen bleibt.
Die Frage ist natürlich – und Sie haben sie auch schon gestellt –: Was sind die Alternativen, die wir dafür vorschlagen? Ich möchte zunächst einmal Sie zitieren, Herr Bundeskanzler Vranitzky. Am 14. Juni haben Sie in einer Presseaussendung gesagt: In all diesen Bereichen könne und werde Österreich einen substantiellen Beitrag leisten. Und Sie haben dann aufgezählt die Teilnahme an der Friedenstruppe in Bosnien, eine aktive Mitarbeit an der NATO-Partnerschaft für den Frieden, die Petersberger Aufgaben, wie schon erwähnt, und eine solidarische Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich.
Ich möchte in einigen Fällen durchaus kritisch darauf eingehen. Allein Ihre Haltung im Rahmen einer aktiven Außenpolitik läßt alles vermissen, was wir darunter verstehen. Wir verstehen Neutralität keineswegs so, daß wir nichts tun sollten, uns nicht beteiligen sollten an dieser Debatte. Wir verstehen Neutralität durchaus so, daß Sie sich aktiv daran beteiligen sollten, wie denn diese Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ausschauen soll. (Beifall bei den Grünen.)
Wie aber können Sie sich denn in diesem Zusammenhang erklären, Herr Bundeskanzler, daß Österreich bei der Sitzung zur Regierungskonferenz am 6. Juni 1996, in der es um die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gegangen ist, nicht für die Beibehaltung der Vetomöglichkeit eingetreten ist? Alle anderen neutralen Staaten, Schweden und Finnland, sind für die Beibehaltung der Vetomöglichkeit im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik eingetreten, nämlich durchaus im Sinne einer aktiven Außenpolitik, daß sie sagen, wenn grundlegende nationale Interessen das erfordern, wollen sie ein Veto haben. Und diese grundlegenden nationalen Interessen sollen und wollen diese Länder selbst definieren.