Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 126

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Zu Ihren Fragen 7 und 8:

Österreich hat in der Regierungskonferenz seinen Vorschlag, graduell zu Mehrheitsentscheidungen überzugehen, immer mit der Bedingung verknüpft – ich bitte um Aufmerksamkeit, das ist ganz wichtig! –, daß im Bereich der militärischen Sicherheit jedenfalls Einstimmigkeit fortbestehen muß. Dies entspricht der österreichischen Grundsatzposition, die ich auch hier im Hohen Haus mehrmals dargelegt habe. Diese Auffassung wurde im übrigen durch die anderen Mitgliedstaaten in der Regierungskonferenz auch nicht bestritten.

Meine Damen und Herren! In der österreichischen Grundsatzposition zur Teilnahme an der Regierungskonferenz heißt es in diesem Zusammenhang – ich zitiere, weil es wirklich sehr wichtig ist, zwei Passagen –:

Im Interesse einer Steigerung der Effizienz der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik unterstützt Österreich einen graduellen Übergang zu Mehrheitsentscheidungen. Im Lichte der Erfahrungen im Bereich der Ersten Säule ist zu erwarten, daß in der Praxis Abstimmungen die Ausnahme bilden würden. Allein die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen würde jedoch zu größerer Konsens- und Kompromißbereitschaft beitragen und so den Entscheidungsprozeß dynamisieren.

Allerdings – heißt es im darauffolgenden Absatz – müßten beim Übergang zum Mehrheitsprinzip die Besonderheiten von GASP-Beschlüssen, die teilweise sensible Aspekte der staatlichen Souveränität betreffen, berücksichtigt werden. So ist Österreich insbesondere der Meinung, daß der Bereich militärische Sicherheit auch in Zukunft der Einstimmigkeit unterworfen bleiben muß.

Ich habe zur Illustration dessen hier das Dokument des Ständigen Stellvertretergremiums in Brüssel. Dieses Dokument wurde mit Datum 12. Juni 1996 übermittelt, ist also sehr aktuell. Unter dem Titel "Klärung der Rechtsinstrumente der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik", Unterkapitel "Entscheidungsverfahren" heißt es: Einig ist man sich, daß im Bereich der militärischen Sicherheit auch in Zukunft einstimmig entschieden wird.

Wir werden außerdem aufgrund unserer Grundsatzposition darauf bestehen, daß der im Artikel J 4.4 des Vertrags von Maastricht festgelegte Grundsatz auch in Zukunft aufrecht bleibt, wonach die Sicherheitspolitik der Union nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Mitgliedstaaten berührt – ein ganz besonders wichtiger Aspekt.

Im übrigen verweise ich auf meine einleitenden grundsätzlichen Ausführungen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für die Beantwortung der dringlichen Fragen.

Wir gehen in die Debatte ein. Die Redezeiten betragen jetzt einheitlich 15 Minuten.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Sie hat das Wort.

16.58

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben sehr aufmerksam den Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers zugehört. Besonders interessant fanden wir, was Sie, Herr Bundeskanzler, alles nicht gesagt haben und was Sie offenbar in Ihrer Beantwortung sehr bewußt ausklammern wollten. Ich werde Sie daher noch einmal auf die in meinen und in unseren Augen zentralen Punkte ansprechen.

Herr Bundeskanzler! Es stimmt: Sie und weite Teile Ihrer Fraktion waren in der Vergangenheit nicht diejenigen, die die Demontage der österreichischen Neutralität besonders aktiv und lautstark betrieben haben. Das stimmt. Aber Sie haben auch nicht aktiv und lautstark und mit dem ganzen Gewicht der stärksten Fraktion in diesem Haus die österreichische Neutralität verteidigt und auch nicht die immer wieder und ganz kontinuierlich kommenden Vorstöße in Richtung eines Abbaus der Neutralität verhindert. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Sie hören ja, wie


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