Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 99

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politik gesagt, daß Österreich nicht mehr für ein Einstimmigkeitsprinzip eintritt, sondern für eine qualifizierte Mehrheit. Das ist ausdrücklich ebenfalls schriftlich vermerkt und liegt uns vor.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler, denn mit diesem Vorwurf habe ich Sie bereits einmal konfrontiert, ohne daß das befriedigend geklärt wurde: Was ist passiert? Was wurde mit Botschafter Scheich besprochen, und inwieweit wurde die österreichische Position unmißverständlich gegenüber der EU oder auch innerhalb Österreichs klargestellt?

Ein Allerletztes, um klarzumachen, worum es eigentlich geht. Auch da spricht der Tindemans-Bericht eine klare Sprache. In Wahrheit geht es um die Interessen der europäischen Rüstungsindustrie. In den Schlußbetrachtungen im 7. Abschnitt dieses Berichtes heißt es, daß die Herausforderungen für die europäische Rüstungsindustrie angesprochen sind, daß es letztlich um die Interessen dieser Rüstungsindustrie geht und daß ein gemeinsamer Standard im Bereich der Rüstungsinvestitionen anzustreben ist, nicht zuletzt auch, um die europäische Rüstungsindustrie anzukurbeln.

Damit werden aber alle Intentionen, die es früher einmal gab, den österreichischen Betrieben zu helfen, aus der Rüstungsproduktion auszusteigen und nur mehr zivile Produktionen zu betreiben, ganz klar konterkariert.

Herr Bundeskanzler! Wie gesagt: Es ist hoch an der Zeit – und heute ist die letzte Gelegenheit vor der wichtigsten EU-Entscheidung –, daß Sie klarmachen, daß niemand in dieser Bundesregierung, niemand in diesem Haus die österreichische Neutralität gefährden kann, ohne daß die österreichische Bevölkerung darüber informiert und in einem zweiten Referendum dazu befragt wird. (Beifall bei den Grünen.)

15.34

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nach § 74a Abs. 4 der Geschäftsordnung hat nunmehr zur Abgabe einer Stellungnahme der Herr Bundeskanzler das Wort. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.34

Bundeskanzler Dkfm. Dr. Franz Vranitzky: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wieder einmal geht es um die Debatte über ein Konzept für unsere Sicherheit, das einer Welt entspricht, die sich laufend verändert. Ich habe deshalb schon mehrmals, auch von dieser Stelle aus, dafür plädiert, unser Verständnis von Sicherheit nicht ausschließlich auf den rein militärischen Aspekt zu reduzieren.

Selbst wenn man sich auf den Standpunkt stellt, man dürfe sich nicht immer nach der Volksmeinung richten, ist doch objektiv festzustellen, es geht bei Sicherheitsfragen um die Sorgen, auch in Zukunft einen sicheren Arbeitsplatz zu haben, um die Sorgen, daß Verschmutzung und Belastung der Umwelt außerhalb unserer Grenzen Österreich nicht zusätzlich belasten sollten. Es geht um die Sorgen über das Übergreifen internationaler Kriminalität auf unser Land. Es geht um die Sorgen im Zusammenhang mit Drogenhandel, Drogenmißbrauch, Menschenhandel, und es geht letztendlich um die Sorgen, einen gesicherten Lebensabend genießen zu können und den Jungen einen Ausbildungsplatz zu sichern. Natürlich macht man sich auch Sorgen darüber, daß Krieg und Gewalt, wie wir sie in der Welt leider immer wieder erleben müssen, nicht auf unser Heimatland, nicht auf Europa übergreifen. Das heißt also, das Bedürfnis der Österreicher nach Sicherheit wird nicht hauptsächlich von einer militärischen Bedrohung bestimmt.

Der kalte Krieg, die Ost-West-Auseinandersetzung gehören zum Glück der Geschichte an. Und wir Österreicher sind in der Zwischenzeit in ein neues, gemeinsames Europa aufgebrochen, in dem es um den wirtschaftlichen, den kulturellen Austausch, um gemeinsame Forschung und Entwicklung, um gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft geht. Und weil wir in dieses neue Europa aufgebrochen sind, geht es jetzt darum, es auch zu gestalten. Ich glaube, daß Österreich sagen kann – wir haben das gestern erst hier debattiert, meine Damen und Herren –, daß es Erfolg hat, die Schaffung sinnvoller Arbeitsplätze zu einem Thema in diesem Integrationsmodell zu machen, daß es Erfolg hat, die gemeinsame Bekämpfung der internationalen Kriminalität voranzutreiben. Ich bin sicher, wir werden auch Erfolg haben, wenn wir für ein


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