Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 35

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österreichische Sicherheitspolitik wird der Lächerlichkeit preisgegeben. Herr Vizekanzler Schüssel tritt in Bonn auf, an der Seite des mächtigen Helmut Kohl hält er vor einem ausgewählten Kreis von Diplomaten, Politikern und Militärbeobachtern eine Rede und versteigt sich dort zu dem Satz, daß Österreich seine Neutralität immer sehr dynamisch interpretiert hat und das auch in Zukunft tun wird. Allgemeines Gelächter!

Allgemeines Gelächter für die österreichische Außenpolitik, weil doch jeder weiß, daß dieses Theater im Grunde genommen nur dazu dienen soll, der österreichischen Bevölkerung Nebelgranaten zu schmeißen, damit sie nicht sieht, wo es wirklich hingeht. Die Reise geht doch längst schon in Richtung NATO! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben uns die Weichen dorthin gestellt. Die Reise geht schon längst dorthin. Haben Sie den Mut, das rechtzeitig zu sagen! Ordnen Sie die Kompetenzen! Entscheiden Sie in der Regierung! Dann werden Sie 1998, wenn wir den Vorsitz in der EU haben, glaubwürdig sein. Wir werden aber vor allem diesem Land einen guten Dienst erweisen, wenn wir gemeinsam in einem Sicherheitsbündnis sind und nicht in der Randlage alleine vor neuen Bedrohungen stehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Mock. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 15 Minuten ein.

12.39

Abgeordneter Dr. Alois Mock (ÖVP): Hohes Haus! Ich hätte mich ja gerne mit den Ausführungen des Kollegen Haider beschäftigt, so wie ich das immer tue, weil ich glaube, daß man auf die Argumente des anderen eingehen soll, aber auch er hat vor sieben Jahren für den Beitritt zur EU konsequent und ohne Slalom gekämpft. Und bevor wir die Ergebnisse der Verhandlungen hatten, waren Sie dagegen. Jetzt denke ich mir, ich soll Ihnen Zeit ersparen und uns Zeit ersparen ... (Abg. Dr. Haider: Sie waren selbst auf unserem Parteitag nach Vorliegen der Ergebnisse! – Abg. Dr. Khol: Aber wir sind jetzt Mitglied der EU!) Ja, aber Sie waren damals schon lange dagegen! Sie haben mich nur fair behandelt, habe ich gesagt. Jetzt will ich Ihnen Zeit ersparen, mir Zeit ersparen. Vielleicht kommt auch in fünf Jahren bezüglich der NATO bei Ihnen etwas anderes heraus, man ist da nie ganz sicher. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Für mich steht, wenn wir heute über die Neutralität diskutieren, die Sicherheit unseres Landes im Vordergrund. Die Sicherheit des Landes und seiner Bürger ist das vorrangigste Ziel der Außenpolitik und der Landesverteidigungspolitik. Es kann nur um die Diskussion gehen, welche Instrumente uns mehr Sicherheit geben. Das heißt, die Neutralität hat nur instrumentalen Charakter, sie ist nicht Ziel an sich.

Die Neutralität gab uns 1955 – das soll man nie vergessen – die Chance, wieder ein unabhängiges, ungeteiltes Land zu werden, eine freie Demokratie westlicher Prägung zu werden. Die Neutralität war nie Selbstzweck, sie war nie das Ziel an sich. Oberstes Gebot der Außenpolitik und der Landesverteidigung war, dem Lande Sicherheit zu geben.

Meine Damen und Herren! Man kann sich im Finanzbereich, im Wirtschaftsbereich, in der Ökologie irren, man kann oft auch nur schwer Fehler korrigieren. In einem Bereich ist es allerdings sehr gefährlich, sich zu irren, nämlich im Bereich der Sicherheitspolitik. Wenn man sich einmal irrt, kann man es möglicherweise nicht mehr korrigieren, weil man gar nicht mehr existiert. Fragen der Sicherheitspolitik haben existentiellen Charakter. (Abg. Wabl: Der ökologische Irrtum kann noch desaströser sein!) – Ich glaube, es kann keine größere Gefahr geben, als wenn Gefahr für das Land und für seine Existenz gegeben ist. Aufgrund dieser Gefahr bekommt die Sicherheitspolitik ihren Stellenwert.

In der Frage: Sind wir beim Schutz unseres Landes stärker allein, oder sind wir stärker im Verbund mit anderen?, sollten wir doch ein bißchen aus der Vergangenheit lernen. Wer hat uns am 11., 12. März 1938 geholfen, als wir vom nationalsozialistischen Großdeutschland annektiert beziehungsweise okkupiert wurden? – Binnen weniger Tage wurden alle Botschaften in Wien in Konsulate umgewandelt. Damit wurde die Annexion beziehungsweise die Okkupation de facto


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