Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 75. Sitzung / Seite 28

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Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Vizekanzler! Halten Sie die Entscheidung, diese allgemeinen politischen Wahlen schon Ende Juni abzuhalten, angesichts der Mängel, die auch Sie gesehen haben, für verfrüht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Das ist eine gute Frage, daher ist eine Antwort meist schwierig.

Ich glaube dennoch, daß der Druck, das Wahlrecht zu ändern, sozusagen die Eintrittsklausel ins Parlament von 4 auf 3 Prozent zu senken und danach Wahlen abzuhalten, größer ist, solange noch die internationale Truppe in Albanien stationiert ist und auch garantieren kann, daß es zu fairen und objektiven Wahlen kommt. Das wurde bereits vor einem Jahr im internationalen Kontext diskutiert. Ich halte das für wichtig. Meiner Ansicht nach überwiegen diese Vorteile wahrscheinlich den Nachteil, die Wahlen vielleicht zu rasch abzuhalten. Dem Vorteil, daß man es besser hätte organisieren können, stünde wieder der Nachteil gegenüber, daß unter Umständen "Momentum" oder "Drive" verlorengehen könnte.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Kammerlander, bitte.

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Im Lichte dieser Ausführungen: Wie beurteilen Sie das Vorgehen von Berisha, nun das Wahlgesetz gegen den Willen der Opposition durchzuziehen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich habe das ebenfalls in den Zeitungen gelesen und mich daher gestern zum Telefon gesetzt, um das zu recherchieren. Die Informationen sind sehr einseitig gewesen. Die Einigung vom Freitag ist vom albanischen Parlament umgesetzt worden, und zwar eins zu eins. Die OSZE und ODIHR, das sind diese Wahlbeobachter, diese Human Rights-Organisation, haben ein Mischsystem von 115 Einer-Wahlkreisen, also einem Mehrheitselement, und 40 Proportionalsitzen vorgeschlagen. Dieser Vorschlag der internationalen Organisationen ist, wie mir die OSZE und gestern noch einmal Vranitzky persönlich bestätigt haben, vom Parlament beschlossen worden.

Weil aber im Parlament eine Partei die überwältigende Mehrheit hat und sich die anderen offensichtlich nicht genügend betreut oder eingebunden gefühlt haben, sind sie aus Protest ausgezogen.

In der Sache selbst werden diese Einigungspunkte umgesetzt. Worauf man jetzt aber drängen muß, ist, daß man auch in der "psychologischen Einbindung" – so würde ich es nennen – die Allparteienregierung, die Zusammenarbeit mit Präsident Berisha stärkt, und nicht auch von außen unterminiert.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Kollege Moser.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (Liberales Forum): Herr Vizekanzler! Denken Sie daran, das Mandat der österreichischen UNO-Einheit zu verlängern, oder erwägen Sie allenfalls einen Austausch gegen ein umfangreicheres Polizeikontingent, da vielleicht ein Polizeikontingent besser geeignet wäre, die zivile Ordnung in Albanien wiederherzustellen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler, bitte.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter! Es ist, glaube ich, zu früh, jetzt schon über eine Verlängerung dieses Mandates zu reden. Im Gegenteil: Der Druck – dieser wurde auch von der internationalen Staatengemeinschaft ausgeübt –, wenn ihr euch nicht einigt, dann ziehen die Truppen ab!, ist gut gewesen, denn damit kam die Einigung vergangenen Freitag zustande. – Abgesehen davon könnten wir


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