Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 54

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11.24

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Natürlich sind normalerweise die Erklärung eines Außenministers und vor allem die Vorlage des Außenpolitischen Berichtes Anlaß zu Erörterungen, die sich auf diese beiden Vorlagen beziehen. Ich würde es für eine Realitätsverweigerung halten, setzte man sich in der Situation, in der wir uns derzeit befinden, tatsächlich näher mit den Punkten aus dem Außenpolitischen Bericht auseinander, sondern ich glaube, man muß die Dinge in einer anderen Dimension sehen.

Herr Vizekanzler! Seit Montag vergangener Woche wird Ihnen unterstellt, daß Sie höchste Repräsentanten anderer Länder beschimpft haben, daß Sie Schimpfworte verwendet haben, bei denen ich mir überlegt habe, ob ich sie nicht hier deswegen wiederholen soll, damit im Protokoll nachzulesen ist, worum es überhaupt geht. (Abg. Großruck: Um Außenpolitik geht es!) Ich habe mich entschlossen, es nicht zu tun. Ich habe mich deswegen entschlossen, es nicht zu tun, weil ich damit kein Präjudiz setzen möchte und weil ich damit unterstreichen möchte, wie ernst wir die Angelegenheit nehmen.

Erinnern Sie sich zurück: Seit diesem Zeitpunkt haben die Liberalen Sie immer nur zur Klarstellung aufgefordert. Wir haben nicht nach Rücktritt gerufen, was von anderer Seite schon gekommen ist. Eine Fraktion hat gemeint, das sei untragbar, eine andere hat den Rücktritt gefordert und so weiter. Wir haben uns erst am Dienstag dieser Woche entschieden, einen Mißtrauensantrag gegen Sie zu stellen, und wir haben uns das sehr gut überlegt.

Daß Sie in dieser Woche, Herr Vizekanzler, nichts anderes fertiggebracht haben, als den Spieß umzudrehen, als renommierte Journalisten der Lüge zu zeihen, daß Sie es zulassen, daß ein Außenminister unserer Republik in den Medien, und zwar auch in seriösen Medien, öffentlich der Lüge geziehen werden kann, und daß Sie nicht den Mut haben, klare Schritte zu setzen, mag Sie vielleicht, wie manche von Ihnen meinen, als Privatperson bei einer Beichte exkulpieren, aber als Außenminister wird Sie das mit Sicherheit nicht exkulpieren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich weiß schon, Herr Außenminister, daß man sich nicht dagegen wehren kann, wenn man verspottet wird, aber Sie leisten einen Beitrag dazu, daß diese Entwicklung stattfindet, daß es kein Medium mehr gibt, das nicht eine einschlägige böse, üble Karikaturen über Sie bringen kann, daß Synonyme verwendet werden, die schön langsam zum Sprachgebrauch werden. Sie lassen dies zu, lehnen sich zurück und sagen: Ich habe es nicht getan!

Ich halte das dem Staat gegenüber für eine Verantwortungslosigkeit. Ich glaube, daß doch Sie derjenige sein müssen, der weiß, was zu einem Außenminister dazugehören muß: Überzeugungskraft, Standpunkte konsensfähig machen, repräsentieren, Herr Außenminister – abgesehen davon, daß selbst Repräsentation unter einem solchen Blickwinkel kaum mehr möglich ist.

Repräsentieren wäre also zu wenig. Was Sie brauchen, ist Respekt, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland, was Sie brauchen, ist Reputation, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland, und was Sie brauchen, ist Gewicht, das Sie in Verhandlungen einbringen können, und zwar sowohl im In- als auch im Ausland. Glauben Sie, daß Sie in der derzeitigen Situation all das haben oder auch nur einen Punkt von all diesen Kriterien erfüllen? Glauben Sie das wirklich? – Wenn Sie das glauben, Herr Außenminister, dann haben Sie tatsächlich einen Realitätsverlust, und zwar einen Realitätsverlust, der offensichtlich nur Ihrem Eigeninteresse entspringt. Und das halte ich für unverzeihlich! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich muß auf Punkte kommen, die auch Herr Abgeordneter Stadler hier erwähnt hat, weil es einfach notwendig ist, ein Gesamtbild zu zeichnen, das letztlich zu jenem Ergebnis führt, daß eine Partei wie das Liberale Forum auch einen Mißtrauensantrag stellt. Wir haben das hier noch nie gemacht, und ich glaube, wir haben auch noch nie einem anderen Mißtrauensantrag zugestimmt. Oftmals waren wir nahe daran, aber das ist für uns das letzte Mittel.


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