Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 95. Sitzung / Seite 129

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wenn ich mir vor Augen führe, daß wir versucht haben, in diesem Zusammenhang Sensibilität zu wecken für den Eingriff in die Intimsphäre, und das Ergebnis dieses Versuchs war, daß man diese Fragebögen noch weiter differenziert hat bis hin zur Frage nach der politischen Betätigung – und das wurde nicht nur gemacht, sondern Sie decken das jetzt auch noch! –, dann frage ich mich wirklich. Wo wollen Sie die Grenzen ziehen? Wie weit wollen Sie noch eintreten in die Beobachtung der Bürgerinnen und Bürger und Daten speichern? Meine Befürchtung aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ist, daß Sie in einem nächsten Schritt tatsächlich den "gläsernen Menschen" schaffen werden, was dann wirklich mit Fragebögen, Gesetzen und ähnlichem zu belegen sein wird.

Das bestätigt sich für mich auch, wenn ich mir die Antwort des Landeshauptmannes des Burgenlandes anschaue. Denn auch diesen haben wir gefragt, wie er diesen Fragebogen beurteilt und ob er es wirklich für notwendig hält, die politische Betätigung von Bürgern in ihren Gemeinden auflisten zu lassen, um dann gegebenenfalls auch einschlägige Konsequenzen daraus zu ziehen. – Und auch der Herr Landeshauptmann sagt, daß es "eine unerläßliche Pflicht der Gemeinden" sei, all diese Punkte und insbesondere die politische Betätigung zu erheben, denn die "politische Betätigung ist neben der kulturellen, sportlichen und sozialen Betätigung eines der Elemente der gesellschaftlichen Lebensverhältnisse". Das sei für die Gemeinden von Belang und von diesen auch tatsächlich zu erheben.

Der Herr Landeshauptmann sagt also ungefähr dasselbe wie Sie. Er sagt:, daß dieses ",Erhebungsblatt‘ zur Verfügung gestellt" wurde; es bestehe jedoch "keine Verpflichtung für die Gemeinden, dieses Erhebungsblatt zu verwenden". Allerdings sei es die "unerläßliche Pflicht" der Gemeinden, jedenfalls die genannten Punkte zu erheben. Wahrscheinlich soll das nicht auf diesem Erhebungsblatt erfolgen, aber die Sache selbst müssen sie erheben.

Wenn Sie ein solches Bewußtsein in der Bevölkerung schaffen, wenn Sie die Latte immer tiefer legen, dann darf es Sie auch nicht wundern, wenn es zu gesetzwidrigen Überwachungen kommt, wie das etwa erst kürzlich in Leoben passiert ist, wo Videokameras rechtswidrig installiert wurden – ungenügend zwar, weil sich die Leute technisch nicht auskennen! –, mit welchen harmlose Religionsgemeinschaften überprüft werden sollen. Dann darf man sich auch nicht darüber wundern, daß – wie im Sommer dieses Jahres bekannt wurde –, im Grauen Haus rechtswidrigerweise U-Häftlinge beobachtet und abgehört wurden, und das sogar mit richterlicher Genehmigung. Dann darf man sich nicht darüber wundern, daß das gleiche auch im Gefangenenhaus Stein passiert ist. Und dann darf man sich nicht wundern, wenn es Gesetzesvorlagen wie die von der ÖVP gibt, gemäß welchen dem Geheimdienst des Bundesheeres Lauschangriff und Rasterfahndung ermöglicht werden sollen, und zwar ohne richterliche Genehmigung! (Abg. Dr. Gredler: Genau!)

Herr Bundesminister! In Anbetracht dessen sage ich, daß es den Ruf und die Warnung "Wehret den Anfängen!" gar nicht mehr gibt und geben kann. Denn es ist schon zu spät. Der Anfang ist gemacht worden. Wir können jetzt nur mehr – und das läge in Ihrer Verantwortung – Grenzen ziehen. Und aus diesem Grunde, Herr Bundesminister, können wir uns mit Ihrer Anfragebeantwortung nicht zufriedengeben. Daher fordere ich Sie auf, ein Gespräch mit dem Landeshauptmann darüber zu führen, der noch dazu ein Parteifreund von Ihnen ist, einzuschreiten und zu bewirken, daß derartige Fragebögen in Zukunft keine Verwendung mehr finden! (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Redezeit der folgenden Rednerinnen und Redner beträgt ab nun 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin froh darüber, daß es seit dem Jahre 1996 auch im Burgenland möglich ist, unter bestimmten Voraussetzungen an mehreren Wohnsitzen das Wahlrecht auszuüben, zumal


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite