Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 230

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einer der Besten aus dem Hearing hervor, wäre aber auch sonst – wegen seiner wirklich beachtlichen Referenz- beziehungsweise Veröffentlichungsliste – bestens für die Funktion als Richter des Verfassungsgerichtshofes geeignet. Sie haben damit die Möglichkeit, das zu wiederholen, was selbst unter Erhard Busek möglich war, nämlich daß bei der Besetzung einer der höchsten Positionen in dieser Republik ein Kandidat tatsächlich einmal gegen das koalitionäre Abkommen und gegen die Mauschelei zum Zuge kommt.

Erinnern Sie sich, was unter Erhard Busek beim Rechnungshof möglich war! Fassen Sie sich ein Herz, haben Sie heute ein wenig Courage, und durchkreuzen Sie die Postenschacherplänchen der beiden Klubobleute Kostelka und Khol! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

23.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, Ihr Klub hat noch eine Restredezeit von 12 Minuten. – Bitte.

23.50

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon einiges gesagt worden, und es ist nicht einfach, von dieser Stelle aus nach so einem Hearing ruhig zu bleiben, wenn man sich in einer politischen Zeitreise wiederfindet: in einer politischen Zeitreise, in der wir jetzt nachvollziehen, was in der Berichterstattung bereits als Ergebnis dokumentiert ist.

Jetzt mögen Sie mir vielleicht zurufen: Das ist eine Frage des Journalismus, der da seine Blüten treibt! Aber ich sage Ihnen: Diese journalistischen Leistungen sind nur möglich, wenn sich die Redakteure auf gesicherte Informationen stützen können. Kein Redakteur kann etwas so präzise erfinden, daß es dann noch dazu annähernd gleichlautend in mehreren Zeitungen steht. Ich verhehle nicht, daß es einen sehr irritiert, wenn man sozusagen so provoziert wird. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Auch ist es eine Desavouierung aller 24 Kandidatinnen und Kandidaten (Abg. Mag. Stadler: So ist es!) , wenn sie praktisch über die Medien sechs oder sieben Stunden, bevor die Abstimmung stattfindet – das hängt vom jeweiligen Redaktionsschluß ab –, fix mitgeteilt bekommen, wie die geheime Abstimmung dieses Hauses ausgehen wird. Das ist unerfreulich und kein guter Dienst am obersten Organ, kein guter Dienst am Verfassungsgerichtshof und auch kein guter Dienst an den Mandatarinnen und Mandataren dieses Hauses, da sie hier letztlich vorgeführt bekommen, daß es in einzelnen Klubs einen sehr präzisen Klubzwang gibt, der sogar bei geheimen Abstimmungen so exakt wirkt, daß man, ohne sich zu blamieren, Journalisten schon Stunden vorher ein Ergebnis bekanntgeben kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Das hat sich insbesondere nicht der durchaus sehr gut qualifizierte Kandidat Ihrer Wahl – das richtet sich an die Regierungsparteien – verdient, aber das hat sich auch sonst keiner der Kandidaten und Kandidatinnen verdient. Obwohl wir diese Zeitreise hier notgedrungen über uns ergehen lassen müssen, machen wir hiermit einen Vorschlag, den wir uns nach dem Hearing reiflich überlegt haben. Wir schlagen von dieser Stelle aus vor, Frau Professor Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer für diese Funktion zu wählen.

Wir bitten alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, sich bei dieser Wahl wirklich höchstpersönlich zu entscheiden und sich nicht davon leiten zu lassen, daß Klubobleute – aus welchen Gründen auch immer – eine Vereinbarung getroffen haben. (Beifall beim Liberalen Forum.) Denn wenn wir so weit kommen, daß Vereinbarungen von politischen Spitzenfunktionären das Wahlverhalten in geheimen Wahlen vorherbestimmen können, dann ist das sehr, sehr schade.

Kollege Kostelka! Wenn Sie meinen, daß ein beruflicher Mix notwendig ist, dann stimme ich Ihnen zu. Wenn Sie meinen, daß es Kriterien gibt, stimme ich Ihnen auch zu. Aber zeigen Sie mir eine Stelle in den Gesetzen, die wir vollziehen, wenn wir heute diese Wahl abwickeln, die vorschreibt, daß bei einem ganz bestimmten Fall, nämlich jetzt beim Fall der Nachbesetzung eines ausgeschiedenen früheren Rechtsanwaltes, eins zu eins mit einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin nachbesetzt werden muß.


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