Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 83

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Wollen Sie Ihre Rede dann später noch fortsetzen oder ist damit Ihr Beitrag beendet? (Abg. Haidlmayr: Ich bin fertig!)  – Danke. Der Entschließungsantrag, den Sie eingebracht haben, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung miteinbezogen.

Ich unterbreche jetzt die Sitzung für eine Minute, damit wir um Punkt 15 Uhr mit der Behandlung des Dringlichen Antrages beginnen können.

(Die Sitzung wird um 14.59 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf .

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Volker Kier, Dr. Hans Peter Haselsteiner, Mag. Helmut Peter, Klara Motter und Genossen betreffend Reparatur der Sozialversicherungspflicht für "Freie Dienstverträge" und "Neue Selbständige" (686/A) (E)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 686/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

"Gegen Ende dieses Jahrhunderts sind die bisher scheinbar so festgefügten Strukturen der Arbeitswelt zunehmend im Wandel begriffen. Das unbefristete Vollarbeitsverhältnis, die fixe Bindung der ArbeitnehmerInnen an einen Arbeitsplatz, die klare arbeitsrechtliche und wirtschaftliche Eingliederung in das betriebliche Gefüge lösen sich auf. An deren Stelle treten neue Formen der Arbeit – die berufsständischen Grenzen zwischen Unselbständigkeit und Unternehmertum zerfließen. In Zukunft werden in großem Ausmaß vorübergehende oder flexible Beschäftigungen nachgefragt werden, die Erwerbseinkünfte werden aus vielfältigen und individuell kombinierbaren Arbeitsverhältnissen zusammengesetzt sein.

Diese weltweit unstrittige Entwicklung wird zurzeit sowohl auf internationaler wie auf europäischer Ebene intensiv diskutiert. Dabei geht es auch um die Frage, wie durch eine Reform der sozialen Sicherungssysteme den geänderten Arbeitsbedingungen Rechnung getragen werden kann. Im Hintergrund steht dabei die vorrangige Aufgabe, die europaweit beobachtbare Krise des Sozialstaates zu überwinden. Unter den Mitgliedsländern der Europäischen Union haben in den vergangenen Jahren insbesondere Skandinavien und die Niederlande vorgeführt, wie sich eine ganze Nation im Konsens von ihrem überbordenden Versorgungsstaat behutsam trennen kann, ohne daß dabei der Anspruch, soziale Sicherheit allen BürgerInnen zu garantieren, aufgegeben worden wäre.

In Österreich hingegen hat die Bundesregierung spätestens seit Beschluß des ersten Sparpakets 1995 einen ,Sanierungsweg‘ beschritten, auf dem neben einer breitgefächerten Kürzung bestehender Sozialtransfers (Karenz, Pflegegeld, Arbeitslosengeld) vor allem einnahmenseitige Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung angestrebt wurden. Im Gegensatz zu den erwähnten Reformländern der EU, die eine Sanierung des Staatshaushaltes durch eine Flexibilisierung der Wirtschaft sowie einen Umbau des Sozialsystems durch einen Paradigmenwechsel in der Finanzierung insgesamt bewerkstelligten, beharren in Österreich Regierung und Sozialpartner auf dem fundamentalen Irrtum, daß die sozialen Leistungen vornehmlich durch einkommensabhängige Beiträge aufgebracht werden und daß das bisherige System, das auf berufsständischen Grundlagen beruht, aufrechterhalten werden muß, obwohl diese Grundlagen seit langem überholt sind.


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