Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 43

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Vorgangsweise um eine kurze Sitzungsunterbrechung und um die Durchführung einer Sonderpräsidiale.

10.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Stadler! Wir haben ein halbes Dutzend Anträge betreffend das Verlangen auf Teilnahme von Regierungsmitgliedern abgestimmt, und wenn der Nationalrat eine Mehrheitsentscheidung fällt, habe ich diese, wie ich meine, zu respektieren und alle anderen Abgeordneten auch.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. (Abg. Mag. Stadler: Aber noch nie hat eine Regierung so unverschämt das Parlament mißachtet!)

Herr Abgeordneter! Sie haben das Recht, abzustimmen oder eine Abstimmung zu verlangen, der Nationalrat hat das Recht zu entscheiden, und der Präsident hat die Verpflichtung, Entscheidungen des Nationalrates zu respektieren. (Abg. Mag. Stadler: Die Regierung mißachtet die Rechte des Parlaments, und Sie tun nichts dagegen!) Herr Abgeordneter! Ich streite nicht vom Präsidium aus mit Ihnen. (Abg. Mag. Stadler: Daher wollte ich eine Sonderpräsidiale, um Ihnen Gelegenheit zu geben, sich zu rechtfertigen!)

Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger hat das Wort.

10.28

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Wir werden in diesem Haus noch Gelegenheit genug haben, über die Sicherheitspolitik zu diskutieren, denn meine Fraktion hat ja diesen Optionenbericht auch hier eingebracht. (Abg. Scheibner: Über den man nicht abstimmen darf! Das ist das lächerlichste! Mißbrauch des Parlaments ist das!) Wir werden noch genügend Gelegenheit haben, uns auch mit dem Herrn Bundeskanzler darüber zu unterhalten.

Herr Abgeordneter Stadler und Herr Abgeordneter Scheibner! Ihre Aufregung ist verständlich. Es wird diese Aktuelle Stunde im Fernsehen übertragen, aber dies ändert nichts daran, daß eine sicherheitspolitische Diskussion über unsere Zukunft in der Frage der Sicherheitspolitik dringend notwendig ist. Und darum, glaube ich, sollten wir uns jetzt wieder diesem Thema widmen und nicht der Vorgangsweise. (Beifall bei der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir die Außenpolitik der letzten Jahre Revue passieren lassen, dann ist es wohl völlig richtig, daß wir uns nach einem erfolgreichen Integrationsschritt in die Europäische Union jetzt mit dem entscheidenden außenpolitischen Thema auseinandersetzen, nämlich mit der Frage der Sicherheitspolitik. Denn blicken wir rund um uns. Unsere Nachbarn drängen in die NATO neu, um eine sicherheitspolitische Stabilität für die nächsten Jahre aufzubauen. Blicken wir auf die Krisenherde, die wir in Europa derzeit immer noch feststellen müssen. Blicken wir auf den Balkan. Meine Damen und Herren! Wenn wir dort die letzten Jahre betrachten, dann sehen wir, es ist dort absolut noch nicht Ruhe eingekehrt. Nach einem schrecklichen Krieg in Bosnien, der auch eine Folge dieser schmerzhaften Trennung des ehemaligen Jugoslawiens war, nach diesen grauenhaften Bildern, die wir uns damals alle haben vergegenwärtigen müssen, ist nur eines im Hinblick auf Ruhe als Stabilitätsfaktor entscheidend gewesen: Das ist und bleibt die internationale militärische Präsenz.

Ich fürchte, Bosnien wird noch viele Jahre in Richtung einer militärischen Präsenz vor sich haben, andernfalls könnte wieder ein Brandherd aufbrechen und zu einem Flächenbrand am Balkan werden.

Wenn wir uns heute den Kosovo und die dortige Entwicklung ansehen, dann sehen wir, daß wir wahrscheinlich erst am Beginn einer Auseinandersetzung stehen, bei der wir jetzt mit allen Mitteln aufgerufen sind, dagegen zu arbeiten, damit es eine ähnliche Entwicklung wie in Bosnien gibt. Wenn wir uns vergegenwärtigen, was unser Außenminister dazu bereits vor vielen Monaten in österreichischen außenpolitischen Gremien, aber auch international gesagt hat, müssen wir leider feststellen, daß genau das eingetreten ist, was er befürchtet hat. Dieser Konflikt, der von anderen nicht so sehr beachtet wurde, hat jetzt ein Ausmaß angenommen, daß internationale


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