Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 118

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Eine positive Möglichkeit aufgrund der Vorschläge der Agenda 2000 – es gibt darin nicht nur Negatives – erblicke ich darin, daß die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete – sprich: der bisherige Bergbauernzuschuß in Österreich – von 180 ECU pro Hektar auf 200 ECU als Obergrenze im Durchschnitt einer Region angehoben wird. Dies betrifft Betriebe in extremen Lagen, Betriebe, in denen es auf Handarbeit ankommt. Diese Betriebe wollen wir erhalten, weil die extremsten Bergbauernbezirke auch die intensivsten Fremdenverkehrsbezirke sind. Österreich wird auch noch in 50 Jahren europäisches Erholungsgebiet sein können, wenn es uns gelingt, diese Region gesund zu erhalten. Dazu brauchen wir einen gesunden Bauernstand. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich hoffe, daß es möglich sein wird, in dieser Variante auch einen Sockelbetrag für die Ausgleichszulage festzulegen, weil das zur Unterstützung der kleineren Betriebe geeignet ist. Wir brauchen – das möchte ich nochmals sagen – in den Bergtälern auch die kleineren Betriebe, weil sonst die Infrastrukturkosten für die wenigen verbleibenden, größeren Betriebe nicht mehr aufzubringen sein werden.

Da immer wieder die Kosten diskutiert werden und gesagt wird, daß die europäischen Bauern einen zu hohen Anteil des Budgets der Europäischen Union beanspruchen, sollte man dem gegenüberstellen, daß man in diese Berechnung sämtliche europäischen Budgets einbeziehen müßte, jene der einzelnen Länder und jenes der EU. Denn der landwirtschaftliche Bereich ist der einzige wirklich vergemeinschaftete Bereich. Hingegen fallen zum Beispiel der gesamte soziale Bereich oder der gesamte Sicherheitsbereich in die nationale Finanzierung. Wenn wir die Kosten auf diese Weise zusammenzählen, sind es knappe 2 Prozent, welche die Bauern aus den öffentlichen Budgets – vom Bund, von den Ländern und von der EU – erhalten. Diese 2 Prozent müßten meiner Ansicht nach auch in Zukunft zu erübrigen sein für die Ernährungssicherheit in Europa und für die Pflege der Kulturlandschaft, die auch der Lebensqualität der gesamten europäischen Bevölkerung zugute kommt. Diese 2 Prozent sollten weiterhin für die Bauern zur Verfügung stehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Mit einem weiteren Vergleich möchte ich den Beweis dafür antreten, daß Zahlungen an die Bauern direkt an die Wirtschaft weiterfließen. Im Jahre 1997 wurden Direktzahlungen und Investitionsförderungen in der Höhe von insgesamt 22,3 Milliarden Schilling an die österreichischen Bauern geleistet. Im selben Zeitraum, 1997, haben die Bauern Investitionen im Ausmaß von 27 Milliarden Schilling vorgenommen, 14 Milliarden an baulichen Investitionen und 13 Milliarden Schilling an Maschineninvestitionen. Das heißt, es werden damit nicht nur in der Landwirtschaft, sondern auch allgemein in der Wirtschaft sehr viele Arbeitsplätze gesichert.

Nun zu einigen Vorschlägen zur Marktordnung: Im Milch- und Rinderbereich – dort liegt der Schwerpunkt der Einkünfte aus der landwirtschaftlichen Produktion, im Berggebiet zu mehr als zwei Dritteln – sind viel zu starke Senkungen der Interventionspreise vorgesehen. Wir sind der Auffassung, daß Preissenkungen in diesem Ausmaß – bei den Rindern um 30 Prozent, bei Butter und Milchpulver um 15 Prozent – nicht notwendig sind. Wir glauben, daß es andere Rezepte geben muß, um die Produktion einzudämmen und ihrer Ausweitung vorzubeugen.

Leider erlaubt es mir die Zeit nicht, näher auf die einzelnen Bereiche der Marktordnung einzugehen. Ich möchte deshalb abschließend feststellen: Die Agenda 2000 darf nicht das Aus für viele Bauern bedeuten, sondern soll Möglichkeiten für wirtschaftliche Weiterentwicklung in den bäuerlichen beziehungsweise ländlichen Regionen bieten. Nur dann ist der Sinn einer Reform der Agrarpolitik erfüllt. Diese Forderung geben wir unserem Minister in die Verhandlungen im Agrarministerrat mit. (Beifall bei der ÖVP.)

15.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.59

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf seitens meiner Fraktion zu den Zielsetzungen der österreichischen Bundesregierung im Bereich der Agrarpolitik und auch der Agenda 2000 grundsätzlich


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