Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 56

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muß aufrechterhalten bleiben, den vorgesehenen Konsultationsgremien können nur Empfehlungsbefugnisse eingeräumt werden. Die Vereinbarungsmechanismen als solche sind in Artikel 4 des vorliegenden Gesetzesantrages umfassend geregelt. Durch den Konsultationsmechanismus wird daher keine Möglichkeit zur Verhinderung eines Gesetzesvorhabens geschaffen, jedoch die Verpflichtung zur Konsultation innerhalb der Gebietskörperschaften zwingend vorgeschrieben.

Faktum ist, daß dadurch eine bessere Beziehung innerhalb der Gebietskörperschaften grundgelegt und die EU-Konformität gegeben ist. Wir meinen, daß wir somit unseren Zielen, nämlich den Konvergenzkriterien nachhaltig nachkommen zu können, im höchsten Maße entsprechen.

Mit diesem Gesetz soll Haushaltsdisziplin gewährleistet werden, vielleicht können aber damit auch die vielen Gesetzesanträge eingedämmt werden – ein Wunsch, der sicherlich von allen unterstützt wird. Insgesamt handelt es sich hier nicht nur um eine wichtige haushaltspolitische Maßnahme, sondern auch um eine optimale Regelung der Beziehungen innerhalb der Gebietskörperschaften. (Beifall bei der ÖVP.)

12.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.21

Abgeordneter MMag. Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! An sich – die Präsenz in diesem Haus zeigt es auch – haben wir heute einen verfassungsrechtlich bedenkenswerten Tag absolviert. Offenbar ist aufgrund dessen so viel Erschöpfung eingetreten, daß eine Mittagspause fällig ist. Nein: Ich möchte aber eher nicht vom verfassungsrechtlich bedenkenswerten, sondern vom bedenklichen Tag sprechen. Angesichts einer Redezeit von fünf Minuten will ich mich auf ein paar Schlagworte konzentrieren.

Erstens: Es ist wieder einmal völlig klar, daß es nicht so sehr um die Verfassung geht, sondern um die Zweidrittelmehrheit.

Zweitens: Um Fremdsprachen nicht immer nur den Minderheiten hier im Hause zu überlassen: Sine ira et studio sei festgestellt: Wir haben offenbar einen Weg eingeschlagen – man muß sich dessen bewußt sein: sine ira et studio –, daß wir durch einzelne Schritte, so unter dem Motto, um die Aussagen von Herrn Klubobmann Khol zu modifizieren und teils zu zitieren, "Ab in die Schatzkammer!", durch Schritte materieller Derogation der Verfassung von der Neutralität Abschied nehmen.

Das ist der Weg, den wir hier beschreiten, aber nicht erst seit einigen Jahren, sondern, wenn man das Völkerrecht miteinbezieht, seit dem Jahre 1955 durch den UNO-Beitritt, mit dem wir uns von der Neutralität nach Schweizer Muster just in jenem Jahr schon entfernt haben, wo dies die Parole war.

Drittens: Wir haben eine Technik der Verfassungsgebung eingeschlagen, die sich durch sogenannte – ich betone das Wort "sogenannte" – Ermächtigungsgesetze auszeichnet: für den EU-Beitritt, für Folgeerscheinungen, die mit dem EU-Beitritt zusammenhängen, Ermächtigungen des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes zu einer verfassungsrelevanten Vereinbarung – sie ist das Thema dieses jetzigen Tagesordnungspunktes, nämlich der sogenannte Konsultationsmechanismus.

Wir haben damit – das muß man sich als Volksvertretung klarmachen – über Ermächtigungen Kompetenzen an andere Organe abgetreten; im letzteren Falle von der Gesetzgebung an die Verwaltung. Und heute? – Wir segnen das, was die Verwaltung macht, nämlich das Abschließen solcher Abkommen, hier nur mehr ab.

Wir haben uns – und das zieht sich wie ein roter Faden durch all diese Maßnahmen – offenkundig daran gewöhnt, daß das Verfassungsrecht zu einer beliebig formbaren Materie geworden ist.


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