Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 76

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Es geht mir ja nicht nur und ausschließlich darum, aufzuzeigen, dass in diesem Bereich enorme Ungerechtigkeiten gegeben sind, sondern auch darum, darauf hinzuweisen, dass dadurch, dass kein Pflegegeld zusteht und somit keine Frühförderung geleistet werden kann, enorme Konsequenzen entstehen, die zum Beispiel bei Schuleintritt sofort sichtbar werden. Nicht nur die direkten Erfahrungen von Unterrichtenden, sondern auch Studien aus der Schweiz belegen ganz klar, dass die Entwicklungsrückstände nicht geförderter Kinder mit zum Beispiel Down-Syndrom bei der Einschulung enorm sind. Ein nicht gefördertes Kind befindet sich auf Grund einer zusätzlichen Entwicklungsverzögerung auf dem Stand eines zwei- bis dreijährigen Kindes, ein schon früh gefördertes Kind mit Down-Syndrom befindet sich dann auf dem Stand eines fünfjährigen Kindes und hat Dinge erlernt, die man nur unter drei Jahren erlernen kann, später nicht mehr. Es handelt sich dabei um Fragen der Sprachentwicklung und auch der Bewegung.

Wenn Sie ein bisschen Ahnung von Paduan-Pädagogik haben, wissen Sie, dass man bei einem Kind, das sich nicht selbst die Welt aneignen kann, wie das ein anderes, ein sozusagen durchschnittliches Kind macht, mit Intelligenzdefiziten rechnen muss. Frühförderung aber kann dieses Problem in vielen Bereichen von Störungen so mildern, dass nur die Störung selbst, die Behinderung selbst, sei sie angeboren oder erworben, bestehen bleibt, nicht jedoch auch der gleichzeitig auftretende Entwicklungsrückstand.

Sie wissen – wenn nicht, sollten Sie es sich aneignen –, dass Kinder mit Gaumenspalten nur unter drei Jahren therapiert werden können, dass Kinder, die frühkindliche Operationen haben, weil sie eben mit Behinderungen auf die Welt gekommen sind, eines enorm erhöhten Pflegeaufwandes bedürfen, und Sie sollten wissen, dass all das, was man in den ersten drei Jahren nicht leistet, diesen Kindern unter Umständen ein Leben lang auf den Kopf fällt, dass ein Leben lang zusätzlich eine Entwicklungsverzögerung eintritt, weil sich eben das reizaufsuchende Verhalten nicht so stark entwickeln kann.

Dass Bundesländer in diesem Bereich vorausgegangen sind – dazu gehört auch Tirol –, ist dem Einsatz von Behindertenorganisationen und vor allem von Organisationen von Eltern behinderter Kinder zu verdanken, die sich jahrelang darum bemüht haben, dass hier kompensiert wird. Ich halte es für unerträglich, dass es dazu nur in manchen Bundesländern nach massivem Engagement gekommen ist und dass von Ihrer Seite und vor allem von Ihrer Seite (in Richtung ÖVP und SPÖ) keine Bereitschaft besteht – Sie meinen, wir sollten warten, bis vielleicht alle bereit sind, zusammenzuarbeiten –, eine gemeinsame Regelung zu schaffen.

Zum Appell von sozialdemokratischer Seite, wir sollten dieses Problem gemeinsam und mit Augenmaß in Angriff nehmen: Ja, genau, mit Augenmaß; mit dem Augenmaß jener, die die Situation von Pflegenden, von Kindern bis zu drei Jahren kennen und sich diese auch anschauen! – Mit Augenmaß und mit Ihrer Bereitschaft, hier "mitzugehen", können wir das doch sofort erledigen.

Beim Zuhören konnte man feststellen: Sie kennen die Situation, Sie beschreiben sie als schwierig und für die meisten Frauen, die pflegen – es sind ja nahezu keine Männer, die sich dafür freistellen lassen –, als nahezu unerträglich. Wenn man dann aber als Konsequenz sagt: Wir beschließen diese Anpassung des Pflegegeldes nicht!, so fehlt mir dafür – aber vielleicht bin ich noch nicht lang genug mit Ihnen konfrontiert – schlicht und ergreifend das Verständnis.

Meine Damen und Herren von ÖVP und SPÖ! Dieser Punkt ist ein Schandfleck in der Pflegegeldregelung, und diesen Schandfleck könnten Sie heute, könnten Sie in den Beratungen sofort entfernen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Dann bräuchten wir nicht zu warten, bis Sie aus lauter Gemeinsamkeit vielleicht auch gemeinsam die Konsequenzen aus Ihrer eigenen Meinung ziehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.09

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Harald Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.10

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Für mich ist der vorliegende Antrag auf erste Lesung heute hier im Parlament zwar der erste Antrag


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