Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 46

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bauer. – Bitte.

17.23

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Fest steht: Das geplante Privatisierungspaket der Regierung vernichtet nicht nur österreichische Vermögenswerte, sondern gefährdet auch Arbeitsplätze! (Beifall bei der SPÖ.)

In der Steiermark wären es zum Beispiel 11 120 Arbeitsplätze; dazu kommen aber noch rund 6 200 bei der Post Beschäftigte und 2 400 Arbeitnehmer bei der Telekom, die davon betroffen wären. In ganz Österreich geht es um insgesamt 120 000 Arbeitsplätze. (Abg. Dr. Martin Graf: Wie viele Arbeitsplätze innerhalb der SPÖ haben Sie schon vernichtet?) – Hören Sie zu! (Beifall bei der SPÖ.) Wir haben wenigstens genug Arbeitsplätze geschaffen, was Sie von sich nicht behaupten können! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Nicht eingerechnet sind dabei die Auswirkungen auf Zulieferfirmen und industrienahe Dienstleister sowie Banken und Versicherungen.

Ich bin in einem Privatbetrieb tätig und kenne die Probleme, die entstehen, wenn durch den Verkauf an ausländische Besitzer wichtige Unternehmenskerne wie Forschung, Entwicklung und Technologie, aber auch gutes Management zu den Neubesitzern ins Ausland abwandern. Am Beispiel Semperit wurde diese Strategie deutlich vor Augen geführt.

Meine Damen und Herren! Die Sicherung des österreichischen Einflusses auf wichtige österreichische Industriebetriebe und damit auch die Erhaltung von Beschäftigungschancen müssen Vorrang haben! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Situation auf dem Lehrstellenmarkt würde sich dramatisch verschlechtern, denn zurzeit werden im Bereich der Eisenbahn 1 338 Lehrlinge ausgebildet (Ruf: Das ist aber nicht viel!), und im Bereich der ÖIAG stehen zirka 1 400 Jugendliche in Berufsausbildung. Wir werden auch international um unsere Facharbeiterinnen und Facharbeiter auf Grund ihrer hohen Qualität beneidet.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wo sollen denn die Tausenden Schülerinnen und Schüler, Studentinnen und Studenten als Ferialpraktikanten unterkommen? (Abg. Böhacker: In der Privatwirtschaft! Ich habe zwei Praktikanten! – Ruf bei der SPÖ: Und der Rest?) Die ÖIAG hat Tausende berufliche Praktika ermöglicht. Ausländische Unternehmen werden wahrscheinlich kein Interesse daran haben.

Eine Privatisierung innerhalb kürzester Zeit unter großem politischen Druck bringt einen massiven Preisverfall durch überhastete Unternehmensverkäufe. Dabei würde Staatsvermögen verschleudert werden. Richtige Privatisierung ist Industriepolitik – und kein Mittel zur Haushaltssanierung! Wer beim Privatisieren nur auf kurzfristige Einnahmen schaut, zahlt langfristig drauf! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Man kann nur einmal verkaufen – und was ist dann? Es darf keinen Totalabverkauf wichtiger österreichischer Unternehmen wie Telekom Austria, Austria Tabak und so weiter geben. Jede Familie versucht, für unvorhergesehene Situationen Geld oder Wertgegenstände als sichere Rücklagen bereitzuhalten. (Abg. Steibl: Was hat der Edlinger gemacht?)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ersparen Sie dem Land Österreich dramatische Vermögensverluste und ziehen Sie diese geplanten Gesetzeswerke zurück! (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ ist verhandlungsbereit. Daher ersuche ich die Regierung, die Arbeitnehmervertretungen und die Interessenorganisationen zu einem Gespräch einzuladen, damit die gemeinsamen Interessen zum Wohle des Landes gebündelt werden können, da nur so der Weg des


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