Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 39

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2. Punkt

Bericht des Hauptausschusses über den Antrag 211/A der Abgeordneten Dr. Andreas Khol, Ing. Peter Westenthaler und Genossen gemäß Art. 49b B-VG iVm § 26 GOG-NR auf Durchführung einer Volksbefragung gemäß Art. 49b B-VG über die Weiterentwicklung des EU-Rechts zur Sicherstellung der Gleichberechtigung und der demokratischen Rechte aller EU-Mitgliedstaaten, zur Garantie von Grund- und Freiheitsrechten in der Europäischen Union sowie zur Schaffung eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei behaupteter Verletzung von Grundwerten der Europäischen Union und zur sofortigen Aufhebung der ungerechtfertigten Sanktionen gegen Österreich (268 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses betreffend den Außenpolitischen Bericht 1999 der Bundesregierung (III-46/204 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den ersten drei Punkten der Tagesordnung, die unter einem debattiert werden.

Ich darf nunmehr dem Herrn Bundeskanzler das Wort erteilen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

10.19

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Vor etwas weniger als einem Jahr ist gewählt worden, und zwar am 3. Oktober 1999. Vor acht Monaten, am 31. Jänner, sind Sanktionen von 14 EU-Staaten gegen Österreich verhängt worden, und am 4. Februar – also erst nachher! – kam es unter wahrhaft dramatischen Umständen zur Angelobung dieser Bundesregierung, die jetzt auf der Regierungsbank versammelt ist. Wenn wir zurückblenden, was damals alles gesagt, befürchtet, geschrieben wurde, dann ist es wichtig, sich das noch einmal in Erinnerung zu rufen und zu sehen, wo wir heute stehen. Es wurde damals befürchtet, Österreich würde eine Art "Naziland" werden, österreichische Politiker sind mit Hitler verglichen worden, in Karikaturen wurde die Errichtung von Konzentrationslagern beschworen, es wurde die Verfolgung von Minderheiten, von Flüchtlingen, von Migranten und überhaupt eine Blockade des Erweiterungsprozesses, eine Blockade der Union befürchtet.

Meine Damen und Herren! Bewerten Sie selbst, was von diesen vor acht Monaten geäußerten Befürchtungen real gewesen ist und was wir mit einer, wie ich glaube, klugen und umsichtigen Politik erreicht haben! Ich meine, dass man als Österreicher heute doch mit Stolz sagen kann, dass wir sensibel auf die damals geäußerten Ängste und Sorgen reagiert und versucht haben, den Menschen Angst zu nehmen und nicht Angst und Sorgen zu verstärken. Das ist mir wichtig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es war, meine Damen und Herren, nicht nur die Regierung betroffen – das sei hier auch einmal gesagt. Natürlich ging es auch um die Rolle der Regierung, um die Ausgrenzung demokratisch gewählter Repräsentanten eines Landes, aber es ging viel tiefer: Es ging um die Einstellung unseres Landes zu seiner Geschichte. Es ging um die Frage, wie wir von außen gesehen werden, und auch darum, wie wir uns selber sehen, was Österreicher über unser Land im Ausland sagen, welches Bild verbreitet wird.

Es sind Projekte gestoppt worden, die wichtig waren und sind, Schüleraustauschprogramme wurden zeitweise in Frage gestellt, Wissenschaftsprojekte abgebrochen oder in Frage gestellt, Künstler ausgeladen. Mit Urlaubsboykott wurde gedroht – später hat man sich Gott sei Dank dafür entschuldigt –, und insgesamt wurde eine Welle, eine geradezu hysterische Welle ausgelöst, die in Österreich eine Gegenreaktion bewirkt hat.

Ich sage auch: Es ist etwas ganz Normales und eine uralte Regel, dass man dann, wenn ein Land angegriffen wird, versucht, zusammenzustehen. Leider war das am Anfang nicht immer der Fall. Ich sage das hier auch sehr offen: Ich bedauere dies, wir haben uns sehr bemüht, und ich habe hier auch viel investiert. Ich bin aber froh darüber, dass am Ende wenigstens dieser


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