Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 185

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

20.32

Abgeordneter Dr. Harald Ofner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Mit dem Gesetz, das hier beschlossen werden wird, wird eine empfindliche Lücke geschlossen, nämlich die Lücke hinsichtlich der sexuellen Belästigung, in der sich Rechtspraktikantinnen und Rechtspraktikanten befinden. Sie sind keine öffentlich Bediensteten, sie sind aber auch keine Bediensteten der Privatwirtschaft, sondern sie befinden sich in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Das heißt, sie sitzen zwischen zwei Stühlen auf dem Boden, und da wollen wir Abhilfe schaffen.

Ich darf mich hinsichtlich der Diktion ein wenig mit meinem Vorredner Maier auseinander setzen. Es ist tatsächlich so, dass die Ziffern 1, 2, 3 des Absatzes 2 nicht ganz sinnvoll erscheinen – wir haben ja die Problematik im Ausschuss schon angerissen –, aber mittlerweile glaube ich schon, dass sie Sinn machen. Warum?

Es werden drei Tatbestände aufgezeigt: Der erste Tatbestand ist der, dass jemand durch einen Justizbediensteten sexuell belästigt wird. Der zweite ist der, dass jemand durch einen Dritten sexuell belästigt wird. Der dritte ist der, dass jemand belästigt wird und der Gerichtsvorsteher nichts dagegen macht.

Lesen Sie es einmal so! Es heißt da: "durch einen Justizbediensteten sexuell belästigt wird" – erster Tatbestand – "oder durch Dritte sexuell belästigt wird" – das ist der zweite Tatbestand –und "durch Dritte sexuell belästigt wird und der Vorsteher des Gerichtes es schuldhaft unterlässt, eine angemessene Abhilfe zu schaffen" – dritter Tatbestand –, und da ist dann der Täter der Gerichtsvorsteher. Ich glaube, so ist das zu verstehen. Würde man bei der dritten Passage die erste Wortgruppe weglassen, hinge der Gerichtsvorsteher mit seinem schuldhaften Verhalten in der Luft. Ich glaube, so ist es von den Legisten gemeint, und man sollte das wohl so beschließen. Die Freiheitlichen – und mit ihnen auch ich – werden jedenfalls dafür stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.33

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

20.34

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident! Prinzipiell sage ich ja zu diesem Bundesgesetz, weil diese Novellierung des Rechtspraktikantengesetzes ein Diskriminierungsverbot enthält, das ich selbstverständlich grundsätzlich begrüße, aber ich möchte Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren – ich werde die kurze Redezeit, die ich habe, dafür verwenden –, darauf hinweisen, wie unsensibel man selbst bei solchen Dingen vorgeht, bei welchen es einen so eindeutigen Betroffenenkreis gibt.

Es gibt schon ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit, bei welchem die Bundesregierung – damals war es eine andere Zusammensetzung – ähnlich vorgegangen ist, nämlich beim SchulpraktikantInnengesetz. Da hat man, so wie jetzt auch beim Rechtspraktikantengesetz, bei der Formulierung des Gesetzes nicht Bedacht darauf genommen, dass diejenigen, die die Normunterworfenen – jetzt im positiven Sinn – sind, zu 95 Prozent Frauen sind, und zwar Opfer von sexueller Belästigung. Es heißt – lassen Sie mich Ihnen das vorlesen – in diesem Gesetz absurderweise: Wenn ein Rechtspraktikant – eine ausschließlich männliche Form! – durch einen Justizbediensteten sexuell belästigt wird ... – Es kann schon vorkommen, dass ein Justizbediensteter einen Rechtspraktikanten belästigt – das schließe ich nicht aus –, aber diese Form der sexuellen Belästigung ist jedenfalls in der Minderzahl.

Es ist einfach – und das sagen wir ja schon viele Jahre – eine schlechte Legistik, wenn man selbst bei einer so sensiblen Materie nicht imstande ist, das so zu formulieren, dass es zumindest geschlechtsneutral ist. Die in allen unseren Bundesgesetzen verwendete Formulierung: "Die in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Ausdrücke umfassen Männer und Frauen gleichermaßen" geht mir auf die Nerven. Aber nichtsdestotrotz werde ich diesem Gesetz zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.36


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite