Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 26

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Ich frage mich, warum Sie das nicht tun können, weil ich nicht weiß, ob Sie es wollen. Offensichtlich sind Sie in einem viel stärkeren Maß an die Freiheitliche Partei und deren Alt-Parteiobmann gekettet, als wir das bis jetzt wahrhaben konnten oder wollten. Manchmal habe ich den Eindruck, dass Sie nicht nur in den schwarzen Porsche eingestiegen sind, sondern es dem Alt-Parteiobmann auch gelungen ist, Sie irgendwo am Lenkrad oder am Sitz zu befestigen. Sie können nicht mehr aussteigen, Herr Bundeskanzler, weil Sie – das ist meine Vermutung – keine andere Option mehr haben. Niemand anderer will mehr mit Ihnen koalieren. Mit der Sozialdemokratie haben Sie so überzeugend persönlich gebrochen, dass es diese Option offenbar nicht mehr gibt. Mit uns geht es sich – auch zu unserem Glück! – rechnerisch ohnehin nicht aus. Es bleibt also nur die FPÖ.

Es gibt aber noch viel mehr als die Spitzelaffäre! Was sagen Sie denn dazu, dass freiheitliche Politiker heute bereits das Regierungsübereinkommen brechen und sagen: Wir machen die Osterweiterung zum Gegenstand einer Volksbefragung oder Volksabstimmung!? Ja gelten Ihre Versprechen gegenüber Europa nicht mehr? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ist Koalitionsbruch, ist Bruch des Regierungübereinkommens plötzlich ein Kavaliersdelikt? Sind Sie bereit, die Osterweiterung aufs Spiel zu setzen, nur damit Sie von Haiders Gnaden weiterhin Bundeskanzler sein können? Sind Sie bereit, das alles zu riskieren und aufs Spiel zu setzen?!

Ich sage Ihnen Folgendes, Herr Dr. Schüssel: Es wäre höchst an der Zeit, dass Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Freiheitliche Partei nicht in Schwierigkeiten ist, sondern am Rande eines politischen Konkurses steht (Abg. Haller: Träumer!), und zwar deshalb, weil sie die "kleinen Menschen" – die so genannten kleinen Menschen – mit ihren Angriffen auf die soziale Sicherheit im Stich gelassen hat und damit ihr erstes wichtiges Versprechen gebrochen hat, das da lautete: Wir sind für euch da!

Das zweite Versprechen lautete: Wir kämpfen gegen Machtmissbrauch! – Auch das ist gebrochen!

Herr Dr. Schüssel! Sie werden sich entscheiden müssen, ob Sie der Konkursverwalter der Freiheitlichen Partei werden – oder noch einmal ernsthaft versuchen, als Bundeskanzler der Republik diesen Kurs zu ändern! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

11.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

11.14

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Vizekanzlerin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Dr. Gusenbauer, es geht heute, jetzt, in dieser Debatte, nicht um den Missbrauch von geschützten Daten. (Abg. Dr. Gusenbauer: Der Bundeskanzler hat damit angefangen!) Wir diskutieren jetzt darüber, was wir in der Wirtschafts- und Sozialpolitik verändern wollen, und ich bin der Meinung – und ich bedauere das –, dass Sie, Herr Dr. Gusenbauer, dazu nichts zu sagen hatten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Ist Ihnen aufgefallen, dass der Herr Bundeskanzler dieses Thema eingebracht hat?)

Sie haben sich in keinem einzigen Punkt mit dem Programm des neuen Sozialministers auseinander gesetzt. Sie haben – ich habe Ihnen aufmerksam zugehört, Herr Dr. Gusenbauer (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie dem Bundeskanzler auch zugehört?) – über die Vergangenheit geredet, aber nicht über die Zukunft. Doch uns, Herr Dr. Gusenbauer, geht es heute um die Zukunft der Sozialpolitik in Österreich. Eine Stellungnahme Ihrerseits dazu hätte ich mir schon erwartet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Sie dazu eben nichts sagen können oder nichts sagen wollen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Haben Sie dem Bundeskanzler zugehört?) Ich komme dann noch zu einem anderen wichtigen Punkt, den Sie erwähnt haben.


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