Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 82

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in aller Aufrichtigkeit zu danken, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Für die Zukunft gilt, dass Freiheit und Sicherheit einander nicht ausschließen dürfen, auch wenn ein Teil – wir müssen uns dessen bewusst sein – dieser beiden Werte am 11. September unter dem Schutt des World Trade Centers begraben wurde. Der Konsens der drei Parteien zeigt, wie wichtig uns diese Werte – Freiheit und Sicherheit – sind. Daher gilt es, mit großer Entschlossenheit gegen den Terrorismus vorzugehen, mit notwendiger Besonnenheit Antworten zu finden, umfassende Sicherheit zu garantieren, alles Mögliche zu tun, um die österreichische Bevölkerung zu schützen, aber auch Angst zu nehmen, Sicherheit zu geben, aufrecht in die Zukunft zu blicken. Ich denke, dann können wir auch die Probleme, die uns die Welt auf tragische Art und Weise beschert hat, in Zukunft besser miteinander lösen. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.43

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

11.43

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr viel Richtiges und Wichtiges gesagt worden, und ich kann daher nicht völlig originell sein. Bundeskanzler Schüssel hat viel Wichtiges gesagt. Auch Kollege Westenthaler, der jetzt gerade vor mir gesprochen hat, hat viel Richtiges gesagt, auch wenn es ihm in bemerkenswerter Weise gelungen ist, zwischendurch die restriktive Zuwanderungspolitik seiner Partei und Herrn Abgeordneten Verzetnitsch in Zusammenhang mit der Afghanistan-Krise zu bringen. Ich meine, wir sollten die Gemeinsamkeiten schon dort betonen, wo es richtig und wichtig ist, aber wir sollten die Dinge auch auseinander halten und ehrlich sagen, wo Unterschiede bestehen bleiben. Ich werde im Verlauf meiner kurzen Rede darauf zurückkommen. (Beifall bei den Grünen.)

Zu Beginn ist es auch mir wichtig, zu betonen, dass Westeuropa nicht in irgendeinem Verhältnis zu den USA steht, sondern in einem ganz besonderen, in einem geschichtlich begründeten, historisch begründeten, besonderen Verhältnis. Es wird auf der ganzen Welt Trauer, Mitgefühl und auch Zorn über den Massenmord in New York empfunden, aber ich denke, in Westeuropa hat er noch zusätzlich eine besondere Konnotation, denn es ist schwer vorstellbar, dass das Hitler-Regime und die Nazis ohne die Beteiligung der USA im Zweiten Weltkrieg besiegt hätten werden können.

Es ist schwer vorstellbar, dass die Friedensordnung in Westeuropa nach dem Krieg ohne den Marshall-Plan hätte gedeihen können. Insofern finde ich es nicht verwegen, zu sagen, dass insofern die USA und der Marshall-Plan in gewisser Weise auch zu den Gründungsvätern der Europäischen Gemeinschaft damals, der Europäischen Union heute zählen. Nicht zu vergessen ist das ganz besondere deutsche Verhältnis zu den USA, seit etwa Anfang der sechziger Jahre Präsident Kennedy eine ungewöhnliche und riskante Solidaritätsgeste gegenüber Westberlin setzte. All das bedingt, so glaube ich, aus westeuropäischer Sicht eine besondere Verbundenheit zu den Vereinigten Staaten, und ich denke, das geht uns allen so. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber ich möchte neben all dieser Emotion auch trocken und nüchtern bleiben. Ich möchte an dieser Stelle dazusagen: Freunde dürfen einander schon kritisieren, und ich persönlich habe zum Beispiel die mittelamerikanische Politik der USA, namentlich gegenüber Nicaragua, über die Jahre und Jahrzehnte als völlig falsch empfunden. Das muss man schon sagen können, ohne deswegen als antiamerikanisch zu gelten.

Aber heute ist nicht die Stunde, diese Art von Diskussion zu führen und diese Art der Kritik zu wiederholen. Heute stehen wir alle unter dem Schock von Dienstag vor 14 Tagen, insbesondere die Amerikaner selbst, und ich kann das gut nachvollziehen. Es ist nicht nur der Schock des Massenmordes, es ist der Schock des Angriffes auf das Festland, der damit zum ersten Mal erfolgte. Das unterscheidet diesen Fall von jenem von Pearl Harbor, der auch ein Schock war,


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