Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 142

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt kommt der Pflichtverteidiger der SPÖ! – Abg. Dietachmayr: Das bleibt unwidersprochen, dass wir Dealern die Mauer machen! Das bleibt ungeschoren! – Anhaltende Rufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ.)

17.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Sie haben soeben ein Rezept bekommen. So einfach ist es: Wenn man zur Bildungspolitik nichts zu sagen hat, völlig orientierungslos ist (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ)  – das, was man den anderen vorwirft –, dann würzt man die Debatte mit ein bisschen Drogen, und schon kocht sie hoch! So billig, einfach und simpel und demagogisch ist Ihr Erfolgsrezept. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich falle Ihnen nicht darauf herein. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie sind schon längst hereingefallen! – Abg. Mag. Trattner: Sie haben es nur noch nicht überrissen!) Ich will zur Bildungspolitik diskutieren. Das war Ihr Begehren für die dringliche Debatte. Es gehört nicht zur Debatte, dass wir hier schnell als Prise, zum Drüberwürzen, wie es der Herr Kiss macht, in einer unglaublich billigen Art über Drogen diskutieren. (Abg. Edlinger: Über Sekten sollen sie diskutieren! Die Freunde vom Kiss! – Anhaltende Rufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Kiss! Ich sage Ihnen von ÖVP und FPÖ: Ich bin jemand, der in einem Teilbereich von dem kostenlosen Zugang zu den Universitäten, der seit 1970 möglich war, profitiert hat. Ich bin ein Kind einer Arbeiterfamilie, und ich hätte – das garantiere ich Ihnen, Frau Kollegin Hakl, auch wenn Sie es nicht glauben wollen und glauben können – nicht studieren können, wenn es diesen kostenlosen Zugang einerseits und die Stipendien nicht gegeben hätte. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Martin Graf: Sie haben ja eh nie fertig studiert! Er hat nicht studiert – er war immer nur Funktionär! – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Noch etwas: Als ich damals – und das war noch lange vor den inzwischen verbesserten Übergangsmöglichkeiten zwischen Hauptschule und Gymnasium – ein Jahr Hauptschule in meinem Geburtsort besucht und mit ausgezeichnetem Erfolg die erste Klasse abgeschlossen habe und dann meinen Wunsch angemeldet habe – zusammen mit meinen Eltern –, dass ich ins Gymnasium wechseln möchte, da haben mir die Lehrkräfte dieser Hauptschule gesagt: Du? Du wirst das nicht schaffen.

Frau Kollegin Hakl, so viel zum Thema Prognose und soziale Barrieren. Das befürchte ich: Diese Form von Auslese und Prognoseverfahren, wie sie die ÖVP und die FPÖ jetzt beim Übergang von Hauptschule oder Volksschule zum Gymnasium schaffen wollen, ist eine Form der sozialen Selektion! Frau Kollegin Hakl! Ich habe sie gespürt.

Nun zum Thema Volksbegehren. – Meine Damen und Herren! 170 000 Stimmen ist für Sie möglicherweise ein Misserfolg. Ich bin dem Kollegen Graf durchaus dankbar, der sagt, die Stimmen allein kann man nicht hernehmen. Aber, Herr Kollege Graf und Frau Bundesministerin, wie halten Sie es denn mit den 760 000 Stimmen, die im Rahmen der ÖGB-Urabstimmung abgegeben wurden und die gezeigt haben, dass den Menschen dieser Zugang zum Bildungssystem und eine Bildungsoffensive wichtig sind? Sind die auch irrelevant für Sie? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Addieren Sie doch diese Zahl! Denken Sie doch auch darüber nach, dass die 750 000 vielleicht keine Lust gehabt haben, zusätzlich zu dieser Unterschrift noch eine Unterschrift zu leisten. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Denken Sie einmal darüber nach! 750 000 Menschen plus 170 000 Menschen haben unterschrieben – eine Forderung, wie sie auch vom Bildungs-Volksbegehren vertreten wird. Das ist die Realität!


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