Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 84. Sitzung / Seite 222

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Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank!) Maximale Redezeit: 20 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: Gott sei Dank kommt jetzt die Kollegin Petrovic!)

22.26

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das gespenstische Schweigen der Frau Bundesministerin und der Verfassungsexperten und -expertinnen in den Regierungsfraktionen veranlasst mich zu dieser Wortmeldung, nämlich das gespenstische Schweigen auf die sehr fundierten und eigentlich erschreckenden Vorwürfe von Karl Öllinger.

In der Sache ergibt sich die Berechtigung seiner Vorwürfe gegenüber diesem Gesetz wirklich eindeutig, Frau Bundesministerin. Die Kenntnis der Sozialversicherungsnummer berechtigt die Personen, die ein Anfragerecht haben, mit Ausnahme dieser einen Zahl tatsächlich alles abzufragen. Dass Sie das eigentlich auch so sehen, hat etwa das Argument des Abgeordneten Großruck bewiesen, der sagt: Mich interessiert das ja überhaupt nicht!, und Frau Abgeordnete Wochesländer sagt mit etwas ruppigeren Worten: Warum sollen wir etwas dagegen haben, wenn sich jemand die Schulerfolge und das schulische Weiterkommen einer Person anschaut? (Abg. Wochesländer: Ist Ihr Geburtsdatum ein Geheimnis?)

Meine Damen und Herren! Ich bin schockiert. (Abg. Dr. Martin Graf: Wir nicht!) Es gelingt Ihnen immer noch, mich wirklich zu schockieren. Herr Dr. Khol, was ist das für ein Verfassungsverständnis? (Abg. Dr. Khol: Das ist weitgehend abgesichert!) Frau Bundesministerin, brauchen wir wieder diese Blamage, dass ein Gesetz nicht hält – gerade im Bildungsbereich? (Abg. Dr. Khol: Ist irgendein Gesetz im Bildungsbereich aufgehoben worden?) Und vor allem Sie müssten eigentlich – und das würde ich gerade von einer Unterrichts-, von einer Bildungsministerin verlangen – aufschreien: Ein Grundrecht ist ein Grundrecht – ist ein Grundrecht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Was war das jetzt für ein Grundrecht?)

Ein Grundrecht ist zu schützen und darf nicht eingeschränkt werden, auch wenn es im Einzelfall völlig banal ist, was hinter diesem Recht steht. Es ist völlig egal, ob das Privatleben, der Schulerfolg oder sonst irgendetwas einer Person absolut unauffällig, unbedeutend, vielleicht für die gesamte Umgebung fad und langweilig ist. Ein Grundrecht sagt: Das hat – außer in gesetzlich festgelegt Fällen, Artikel 18 der Verfassung – niemanden anzugehen.

Ein Verfassungsexperte, eine -expertin, eine Bildungsministerin, die nicht aufschreien, wenn wieder einmal dieses fürchterliche Argument kommt: Ja, wer nichts zu verbergen hat, der kann ja alles offen legen! oder: Die anderen werden schon etwas zu verbergen haben!, die kommen eigentlich an den Rand des Verfassungsbruchs. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Na bitte!)

Jede Einschränkung eines Grundrechts ist beweispflichtig. Jede Einschränkung bedarf guter, überprüfbarer, gesetzlicher Gründe. Alles andere ist mit dieser unserer Verfassung nicht vereinbar.

Dazu kommt, dass Sie in der Sache außerdem auch noch inkonsequent sind bis zum Gehtnichtmehr. Ich denke mir, da gäbe es andere Daten, nämlich nicht höchstpersönliche Daten, an denen es ein öffentliches Interesse gäbe, wo aber kein Grundrecht vorliegt. Ich denke da an gewisse Finanzdaten, ich denke an die Parteikassen, ich denke an den FPÖ-Sozialfonds. Da hat das Prinzip, wer nichts zu verbergen hat, kann doch alles offen legen, nicht gegolten. Das heißt, Sie schützen letztlich politische Interessen.

Deswegen habe ich auch ein grundsätzliches Misstrauen, dass es tatsächlich so ist, dass es möglich ist – vielleicht nicht durch Sie, aber Sie werden nicht immer in dieser Regierung sein, es können andere Personen sein, es können Veränderungen stattfinden –, dass mit diesen Daten auf dieser unzulässigen Basis wirklich Schindluder getrieben wird.

Frau Bundesministerin! Nicht, dass ich das jetzt hier bei diesem Gesetz unterstelle, ich grenze das schon deutlich ab, aber ich bitte Sie: Äußern Sie sich dazu! Dieses Prinzip: Wer nichts zu


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