Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 87. Sitzung / Seite 174

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 15 Minuten. – Bitte.

18.21

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Einem ist persönlich in einer nicht sehr erfreulichen Situation. Er selbst hat mit uns in acht Verhandlungsrunden an Kompromissvorschlägen gearbeitet, und ich möchte konstatieren, konstruktiv mitgearbeitet. Dass in letzter Konsequenz seine eigenen Formulierungsvorschläge von den Damen und Herren der SPÖ, die in der Partei etwas zu sagen haben, abgelehnt wurden, ist bedauerlich.

Ich kann mich daher anschließen: Auch ich bedauere es, dass wir zu keiner Einigung gekommen sind. Aber, meine Damen und Herren: Ausgeklinkt hat sich die SPÖ aus diesen Verhandlungen über eine gemeinsame Sicherheitsdoktrin! Das ist als Erstes einmal klar festzustellen.

Wir haben eine "Sicherheitsdoktrin neu" als Notwendigkeit erkannt, weil es nach all den Ereignissen, nach einem Ende des Kalten Krieges, nach einem Fall des Eisernen Vorhanges, nach einer Sicherheitsdoktrin, die bisher Verteidigungsdoktrin hieß und 1975 beschlossen wurde, klar war, dass wir konsequent an einer Fortentwicklung arbeiten müssen.

Ich bin sehr wohl stolz darauf und froh darüber, dass wir nach acht Monaten Verhandlungen in diesem Haus auch eine heute vorliegende Sicherheitsdoktrin beschließen können, eine Formulierung, die unter Beisein der freiheitlichen Fraktion und der Volkspartei gefunden wurde, die gewährleistet, dass das eine moderne, auf dem letzten Stand befindliche Sicherheitsdoktrin ist, dass diese Sicherheitsdoktrin auch auf die Risken eingeht, die seit dem 11. September in dieser Welt in der Sicherheitspolitik bestehen, und eine Sicherheitsdoktrin, die auch für die Ressorts, die mit Sicherheitspolitik zu tun haben, klare Handlungsanleitungen enthält. Das ist eine hervorragende Sicherheitsdoktrin, mit der Österreich in einer modernen Art an Sicherheitsfragen herangeht, und ich freue mich, dass wir heute auf dieser Grundlage einen Beschluss fassen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben in allgemeinen Empfehlungen diese Reaktionen auf die Ereignisse des 11. Septembers klar festgehalten. Wir wollen, dass es künftig durch eine entsprechende Vorbereitung nach Möglichkeit verhindert wird, dass so etwas noch einmal passieren kann, und dazu muss Österreich eben auch über seine eigene Betrachtung hinaus mit anderen zusammenarbeiten, meine Damen und Herren.

Es ist heute eine Frage der Zeit, eine Notwendigkeit, dass man in der Bekämpfung dieses Terrors auch international solidarisch ist. Dazu haben sich ja zuvor, nach dem 11. September, auch alle Fraktionen dieses Hauses bekannt. Dass man heute hier wieder ausschert, zeigt eben: Drei Monate sind vergangen, das Leben läuft wieder normal, man hat vergessen, was uns eigentlich in diesen Zeiten bedroht. Ich denke, es ist aber notwendig, in allgemeinen Empfehlungen auch klar ein Zeichen gegen den internationalen Terrorismus zu setzen.

Wir haben außenpolitische Aspekte mit einer klaren Planung der Sicherheitspolitik angesprochen. Wir stehen dazu, dass wir im Sinne des Artikels 17 des EU-Vertrages eine gemeinsame europäische Verteidigung anstreben. Aber, meine Damen und Herren, natürlich braucht man dazu Partner, die man in der Europäischen Union heute nicht so selbstverständlich für diese Idee findet. Wir werden um diese Partner werben, aber nicht, indem wir Luftschlösser bauen, sondern indem wir uns diesem Ziel realistisch annähern.

Und weil Kollege Einem so sehr über die NATO referiert hat, weil das für ihn eben ein populistischer Ausstieg aus diesen Verhandlungen war: Wenn elf Mitglieder von 15 Mitgliedern der Europäischen Union Mitglieder der NATO sind, meine Damen und Herren, dann werden Sie doch nicht glauben, dass die alle morgen austreten und eine völlig neue Sicherheitspolitik gestalten werden! Das ist realitätsfern, und dafür stehen wir nicht zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)


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