Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 17

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Abgeordneter! Erstens stimmt der Wortlaut dessen, was ich selbst gesagt habe, nicht mit dem überein, was Sie jetzt zitiert haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist öfter bei der SPÖ!) Ich habe jetzt das Zitat nicht hier, aber ich kenne den Wortlaut sehr genau, und daher möchte ich noch einmal sagen: Ich hatte mich in meiner damaligen Wortmeldung auf die Entschließung des Nationalrates und auf die Entschließungen vieler Landtage bezogen, die besagen, dass in dieser Frage eine Lösung gefunden werden muss. Ich arbeite an dieser Lösung und bin zuversichtlich, dass sie kommen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer, bitte.

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! In den Kopenhagener Kriterien ist eindeutig festgehalten, dass nur jene Länder Mitglied der Europäischen Union werden können, die die Menschenrechte und die Minderheitenrechte vollinhaltlich garantieren können und gewähren.

Meine Frage lautet: Können die Beneš-Dekrete diesen Forderungen standhalten oder widersprechen sie den Kopenhagener Kriterien?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Die Europäische Kommission hat im Rahmen der Agenda 2000 Stellungnahmen vorgelegt, in welchen Bereichen beim Europäischen Rat in Kopenhagen politische Kriterien angewandt würden, und das war eben als eine Voraussetzung für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen vorgesehen.

Mit dem Beschluss des Europäischen Rates von Luxemburg, in dem dann im Frühjahr 1998 bilaterale Regierungskonferenzen einberufen wurden, hat der Europäische Rat einvernehmlich bestätigt, dass die Tschechische Republik neben den anderen genannten Ländern die politischen Kriterien für die Beitrittsverhandlungen erfüllt.

Auf der Grundlage dieser Stellungnahmen der Kommission zu den Beitrittsanträgen der zehn mittel- und osteuropäischen Länder sowie Zyperns kam der Europäische Rat von Luxemburg zu der Auffassung, dass die sechs Länder der Luxemburger-Gruppe für eine EU-Mitgliedschaft sowohl die erforderliche institutionelle Stabilität als auch die Garantie für eine demokratische und rechtsstaatliche Ordnung bereits verwirklicht haben.

Die Situation in der Tschechischen Republik hat sich in Bezug auf die Erfüllung der politischen Kriterien von Kopenhagen nicht geändert. Daher ist das keine Frage der EU-Verhandlungen. Es ist aber sehr wohl eine bilaterale Frage, die, wie gesagt, bilateral zu klären sein wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Mühlbachler, bitte.

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Frau Bundesministerin! Sind Sie der Meinung, dass die Problemkreise Beneš-Dekrete und Temelín allein ausschlaggebend für die eher angespannten bilateralen Beziehungen zu Tschechien sind?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Ich bin keineswegs dieser Ansicht, sondern sehr vereinfacht ausgedrückt: Wenn wir unsere Beziehungen zu diesem wichtigen Nachbarland und künftigen Partner in der Europäischen Union nur auf diese zwei Fragenkomplexe reduzieren würden, dann wäre das total falsch. – Gott sei Dank ist die Wirklichkeit auch eine ganz andere.

Lassen Sie mich hier nur die wirtschaftlichen Verflechtungen ansprechen: Die österreichische Wirtschaft hat in den zehn Jahren seit der Ostöffnung enorm profitiert. Das Handelsvolumen mit


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