Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 110. Sitzung / Seite 122

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In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Gusenbauer als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Redezeit: 20 Minuten.

15.01

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundesregierung hat sich zu einem der größten Investitionen in der Geschichte unseres Landes entschlossen. (Abg. Kiss: Einer! ) Wir waren der Auffassung, dass es notwendig ist, über diese größte Investitionsentscheidung hier im Parlament zu diskutieren, und haben daher die zuständigen Regierungsmitglieder ganz freundlich eingeladen, hier eine Erklärung abzugeben, aber die Bundesregierungsmitglieder haben diese Einladung nicht angenommen. Daher haben wir uns gezwungen gesehen, heute eine Dringliche Anfrage zu stellen, weil es ja nicht sein kann, dass eine der größten Investitionsentscheidungen ohne Diskussion im Parlament und ohne Zustimmung der Bevölkerung über die Bühne geht. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute aber auch offensichtlich geworden, wieso die Mitglieder der Bundesregierung keine Erklärung im Parlament abgeben wollten. Ich möchte daran erinnern, dass am 2. Juli bei der Verkündung der Entscheidung durch den Bundeskanzler und durch die Vizekanzlerin davon gesprochen wurde, dass die neuen Luxus-Kampfflugzeuge um 1,79 Milliarden € angeschafft werden. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt – und heute publiziert dies die Tageszeitung "Die Presse" –, dass die Gesamtkosten des Ankaufs der Abfangjäger nicht bei 1,79 Milliarden €, sondern bei 2,4 Milliarden € liegen werden. Das heißt, dass dieses gesamte Geschäft noch viel, viel teurer ist, als dies die Spitzen der Bundesregierung der österreichischen Bevölkerung vermitteln wollten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da stellt sich die Frage, wie mit einer solchen Großinvestition umgegangen wird, wenn sich binnen weniger Tage herausstellt, dass dieses Geschäft um Hunderte Millionen Euro teurer wird. Wo war die Sorgfalt eines guten Kaufmanns, Herr Finanzminister, wenn über 1,79 Milliarden € gesprochen wird und sich heute herausstellt, dass es 2,4 Milliarden € sind? Wo bleibt die Vorbereitung zu dieser Entscheidung, wenn die Entscheidungsvorbereitung durch das Verteidigungsministerium in den letzten 24 Stunden völlig umgedreht wird? Wo bleiben die guten Verhandlungen, wenn bis zum heutigen Tag nicht klar ist, wie die Kompensationsgeschäfte ausschauen? – Es handelt sich auch bei diesem Geschäft wieder um eine typische Husch-Pfusch-Aktion dieser schwarz-blauen Bundesregierung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Dabei stellt sich natürlich die Kernfrage: Ist dieser Ankauf von Luxus-Kampfflugzeugen – oder wie Sie, Herr Finanzminister, es bezeichnet haben: von "Kriegsgerät" (Abg. Murauer: Der Vorwurf ...!); ich zitiere den Finanzminister, er hat gemeint: bei den Luxus-Kampfflugzeugen handle es sich um "Kriegsgerät" –, ist diese Anschaffung wirklich das Wichtigste, das wir derzeit in Österreich brauchen, Herr Finanzminister?

Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist wesentlich höher als im vergangenen Jahr: 30 000 Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren sind ohne Beschäftigung. Die Steuer- und Abgabenquote hat einen absoluten Rekordstand erreicht. Die österreichische Wirtschaft boomt trotz aller Bemühungen nicht so, wie man es sich vorgestellt hat, daher ist das Wachstum außerordentlich bescheiden. Sie kündigen bereits an, dass Sie sich gezwungen sehen, in Zukunft die Pensionen zu kürzen. Auch die erforderlichen Zielsetzungen für eine nachhaltige Entwicklung im Bereich von Forschung und Entwicklung sind nicht gegeben.

In einer solchen Situation, in der es derartige Mängel gibt, die direkt die österreichische Bevölkerung treffen, in dieser Situation sagen Sie als Finanzminister ja zum Ankauf von Luxus-Kampfflugzeugen! Das bezeichnet den Charakter Ihrer Politik: Sie kümmern sich nicht um die


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