trittsprozessen, ein objektives Kriterium, einen
Report vorlegen: Erfüllt die Türkei die politischen und wirtschaftlichen
Kriterien – ja oder nein?
Ich sage ganz offen dazu: Die Tür muss offen
bleiben – das ist klar –, aber nur für diejenigen, die wirklich der
Meinung sind, dass sie auch den gleichen Wertekanon mit uns verbinden, dass sie
wissen, was Demokratie, Menschenrechte, Pluralismus letztlich bedeuten, was
Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit bewirken. Diese Kriterien müssen ein für
alle Mal geklärt sein, dann kann ein solcher Kandidat mit den
Beitrittsverhandlungen beginnen: nicht, wenn erst das Prinzip Hoffnung gilt,
sondern die Kriterien, die politischen Kriterien, müssen dabei erfüllt sein.
Ich sage gleichzeitig auch dazu, dass die Union selbst
erweiterungsfähig und erweiterungswillig sein muss, überhaupt in einem solch
schwierigen Prozess, wo jetzt gerade die Beitrittsperspektive für zehn Länder
aufgemacht wurde. Ich sage ganz offen: Wenn man die Türkei in den Verhandlungsprozess
einbindet, dann muss man den Mut haben, gleichzeitig aber auch Balkanländern,
wie Kroatien oder Jugoslawien, eine mindestens genauso klare und deutliche
Perspektive zu geben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend
Folgendes sagen: Österreich wird mit diesem Europäischen Rat von Kopenhagen
das einzige Land sein, das vier Nachbarländer hat, die demnächst neue
Mitglieder sein werden. Wir rücken damit von der Peripherie ins Zentrum
Europas. Wir haben eine faszinierende Aufgabe vor uns: die Grenzregionen zu
entwickeln – wirtschaftlich, kulturell, bildungsmäßig. Das Ziel der
Bildungsministerin ist es, in den Schulen entlang der Grenze immer auch die
Sprache des jeweiligen Nachbarlandes mit anzubieten. Dass wir diese Chancen
nützen, dafür sorgt das Netzwerk der regionalen Partnerschaft, das unsere
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner großartig geknüpft hat und das gerade
für die nächsten Jahre allergrößte strategische Bedeutung bekommen wird. –
Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
14.20
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Mag. Schweitzer. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
14.20
Abgeordneter Mag.
Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Herr Bundeskanzler! Frau Außenministerin! Werte Minister! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben uns auch im Regierungsübereinkommen
zur Erweiterung der Europäischen Union bekannt. Aber ich sage, wir stehen auch
dieser Erweiterung – in der Form, wie sie jetzt über die Bühne gegangen
ist – etwas kritisch gegenüber.
Herr Bundeskanzler! Wir wissen, dass die Europäische
Union klare Regeln definiert hat, die zu erfüllen sind, wenn man Mitglied der
Europäischen Union werden will. Immer wieder kann man sich jedoch des Eindrucks
nicht erwehren, dass man dann, wenn ein Beitrittsdatum näher rückt, vom
Einhalten dieser Regeln abrückt. Es werden Spielregeln, die eigentlich dazu
aufgestellt werden, dass das Zusammenspiel funktioniert, auf einmal nicht zur
Gänze eingehalten, es werden Spielregeln zum Teil gebrochen. Und das ist
etwas, was abzulehnen ist; vor allem deshalb, weil wir feststellen müssen, dass
es immer wieder große Länder sind, die sich dann, wenn eigene Interessen
betroffen sind, nicht an die Spielregeln halten.
Nachdem wir keine Gelegenheit gehabt haben, hier in
diesem Haus darüber zu diskutieren, möchte ich in Erinnerung rufen, dass es
erst vor kurzem eine Diskussion über die Einhaltung des Stabilitätspaktes
gegeben hat. Dieser Stabilitätspakt wurde vom Finanzminister jenes Landes
eingeführt, besonders verfochten und vertreten, das dann gesagt hat, es halte
sich nicht mehr an das, was es von der Europäischen Union gefordert hat. –
Eine solche Vorgangsweise ist abzulehnen!
In diesem Zusammenhang haben die kleinen Länder den
Auftrag, gemeinsam dagegen aufzutreten, dass die Spielregeln nur dann
eingehalten werden müssen, wenn kleine Länder betroffen sind, große hingegen
können sie brechen. So kann es nicht gehen! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)