Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 3. Sitzung / Seite 90

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nicht mehr weiterarbeiten kann oder dass das Volksbegehren erst kurz vor Ablauf einer Legis­laturperiode zustande gekommen ist, sodass es nicht mehr behandelt wird. Nicht einmal die Diskussion im Nationalrat über dieses Begehren ist dann mehr möglich!

Der Verfall von Volksbegehren macht auch deshalb wenig Sinn, weil ein Volksbegehren eines der wenigen direktdemokratischen Instrumente ist, die wir überhaupt in der Bundesverfassung haben und die ohnehin nicht stark ausgeprägt sind. Andere Staaten machen das mit sehr viel mehr Mut – ob das jetzt die Schweiz ist oder auch Deutschland, wo intensiv diskutiert wird, wie man Volksbegehren stärken kann, wie man eine intensivere Behandlung im Nationalrat oder Bundestag in irgendeiner Form auch erzwingen kann. Auch wir in Österreich haben das in der letzten Legislaturperiode sehr ausführlich diskutiert.

Dies soll zumindest ein erster Schritt sein – man kann dann über Weiteres nachdenken, aber zumindest das sollte garantiert sein. Angesichts sehr, sehr großer Anstrengungen von BürgerIn­nen, wobei sie sich sehr viele Gedanken über Inhalte gemacht haben, dafür Unterschriften gesam­melt haben, dafür letztendlich auch sehr viel Zeit und Engagement aufgewendet haben, ist es das Mindeste, was wir tun können, dass wir Volksbegehren über den Beginn der nächsten Gesetzgebungsperiode hinweg gelten lassen und dann diskutieren.

Noch ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Es hat ja in der Regierungskoalition zwischen ÖVP und FPÖ sehr wohl auch eine Debatte darüber gegeben, wie das mit einer zwingenden Volksabstimmung ab einer bestimmten numerischen Hürde bei Volksbegehren sei. Wir haben das mit etwas Skepsis kommentiert, und ich möchte das noch einmal begründen und einen anderen Vorschlag machen.

Natürlich hängt die Zahl der UnterzeichnerInnen sehr stark auch davon ab, welche öffentliche Resonanz ein Volksbegehren hat, wie viele Medienpartner sich finden. Und wir wollen nicht, dass es dann zu einer Unterscheidung zwischen guten und schlechten Volksbegehren kommt, weil manche Inhalte sehr viel schwieriger, andere sehr viel leichter zu vermitteln sind. Es sollen alle Volksbegehren eine gute und ernsthafte Behandlung im Nationalrat erfahren, und man soll hier nicht auf Grund einer gewissen Summe differenzieren.

Es wäre wichtig, alle Volksbegehren einer ernsthafteren Behandlung zuzuführen, und da kann man sich über viele Wege Gedanken machen, über vieles nachdenken. – Das wäre zumindest einmal ein erster Schritt. Und in diesem Sinne hoffe ich, dass dieser Antrag im Ausschuss die Zustimmung finden wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. – Bitte.

14.50


Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen Antrag der Grünen zur ersten Lesung vorliegen, und eine erste Lesung bietet Gelegenheit, sich ein paar Gedanken zu einem Vorbringen, einem Antrag zu machen – und das möchte auch ich hier tun.

Ich verstehe den Antrag der Grünen so, dass die politische Intention dahin geht, sicherzustel­len, dass Volksbegehren im Nationalrat grundsätzlich behandelt werden. Dem kann ich durch­aus etwas abgewinnen, dem stehe ich positiv gegenüber. Es ist in der abgelaufenen Legislatur­periode tatsächlich teilweise zu einer nicht zufrieden stellenden Behandlung von Volksbegehren gekommen. Daher kann ich nachvollziehen, dass zweifellos ein gewisses Nachdenken darüber notwendig ist. Ob jedoch der vorliegende Antrag der Grünen – der Abgeordneten Dr. Petrovic, Dr. Glawischnig, Brosz, Freundinnen und Freunde – die beste Möglichkeit ist, diesem politi­schen Wunsch und diesen politischen Überlegungen nachzukommen, das sehe ich etwas kritisch und ziehe ich auch ein wenig in Zweifel.

Ich ziehe das auch deswegen in Zweifel, weil von Ihnen, Frau Kollegin, das Diskontinuitätsprin­zip angesprochen wurde, also der Grundsatz, dass Vorlagen, die am Ende einer Gesetz-


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