Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 7. Sitzung / Seite 33

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sichtlich waren die letzten zweieinhalb Jahre, was den Reformcharakter betrifft, nicht so glor­reich, wenn jetzt so ein Reformstau besteht.

Aber wenn schon dieser Reformstau besteht, dann stelle ich die Frage: Warum sind Sie so mutlos in der Pensionsreform und wollen nicht jetzt bereits ein einheitliches Pensionssystem für alle einführen? Wieso sind Sie so mutlos in der Bildungsreform und wollen nicht eine moderne Schule des 21. Jahrhunderts schaffen? Wieso sind Sie so mutlos in der Gesundheitsreform und erhöhen nur die Versicherungsbeiträge und lassen die Strukturreformen im Unklaren bestehen? Wieso sind Sie so mutlos im Bereich einer modernen Staatsreform, die dazu führen würde, dass nicht nur einzelne Kompetenzen hin- und hergeschoben werden, sondern wirklich ein moderner Staat in einem modernen Europa des 21. Jahrhunderts entstehen könnte? Wo ist Ihr Mut, Herr Bundeskanzler, der heute so dringend gebraucht worden wäre? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wissen Sie, manchmal hat man, wenn man Ihnen so zuhört und Sie das darstellen – und ich muss ja durchaus sagen: Ein Teil der Punkte, auf die ich hingewiesen habe, klingt durchaus vernünftig, und es gibt auch einige Punkte, wo wir in der Tat übereinstimmen –, den Eindruck: Was gewiss ist, das sind die Belastungen. Was noch im Ungewissen liegt, sind dann die in der Folge wolkig angekündigten Reformen.

Auch wenn Sie über ökologische Nachhaltigkeit reden, ist auffällig: Fix ist die Erhöhung der Spritpreise. Aber worin der ökologische Charakter einer Reform bestehen soll, das bleibt offen.

Was in erster Linie einmal fix ist, ist, dass alle Österreicherinnen und Österreicher für den Diesel mehr bezahlen und die Bauern weniger – was für die Bauern sicherlich ganz nett ist.

Aber worin der ökologische Charakter einer solchen Maßnahme bestehen soll, wenn Sie über Nachhaltigkeit sprechen, das haben Sie uns heute nicht vermitteln können, Herr Bundeskanzler.

Oft hat man den Eindruck, das, was Sie als Reform bezeichnen, ist eine ziemlich mutlose Interessenvertretungspolitik. Diese wird Österreich nicht weiterbringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit Recht werden Sie darauf verweisen, dass man nicht alle Probleme am ersten Tag einer neuen Regierung mit einer Regierungserklärung lösen kann. Und ich stimme Ihnen zu. Es liegt eine Legislaturperiode vor uns, von der wir nicht wissen, wie lange sie dauern wird und wie stabil die Zusammenarbeit sein soll. Ich gehe einmal davon aus, wir richten uns auf eine Zusammenarbeit zwischen der Regierung und dem Parlament für die nächsten Jahre ein.

Dabei gibt es eine Reihe von Reformen, bei denen Sie ganz genau wissen, dass Sie zumindest die breite Zustimmung des Nationalrats brauchen werden, nämlich eine Zweidrittelmehrheit. Und ich sage glasklar am Tag dieser Debatte zur Regierungserklärung: Wenn es so ist wie in der letzten Legislaturperiode, dass die Regierung nur versucht, über das Parlament drüberzu­fahren, dann wird es keine Partnerschaft geben. Wenn es aber einen tatsächlichen Dialog über Reformen gibt, die im Nationalrat eine Zweidrittelmehrheit brauchen, und dieser Dialog auch zu einer Partnerschaft zwischen Parlament und Regierung führt, dann werden wir Sozialdemokra­ten bereit sein, mit der Regierung über diese Reformen zu diskutieren, mit ihr zusammenzu­arbeiten und auch zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Es wird an Ihrer Regierung liegen, Herr Bundeskanzler, ob Sie Abstand nehmen vom alten schlechten Stil der alten schwarz-blauen Regierung und zu einem neuen Stil, zu einem neuen Umgang mit dem Parlament finden. Wir sind zu dieser konstruktiven Zusammenarbeit bereit. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)

10.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Abgeordneter Mag. Molterer. Die Uhr ist für ihn auf 20 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Magister.

10.43


Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Verehrter Herr Bundespräsident! Herr Präsident des Nationalrates! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Mitglieder der österreichischen


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