sichtlich waren
die letzten zweieinhalb Jahre, was den Reformcharakter betrifft, nicht so glorreich,
wenn jetzt so ein Reformstau besteht.
Aber wenn schon
dieser Reformstau besteht, dann stelle ich die Frage: Warum sind Sie so mutlos
in der Pensionsreform und wollen nicht jetzt bereits ein einheitliches
Pensionssystem für alle einführen? Wieso sind Sie so mutlos in der
Bildungsreform und wollen nicht eine moderne Schule des 21. Jahrhunderts
schaffen? Wieso sind Sie so mutlos in der Gesundheitsreform und erhöhen nur die
Versicherungsbeiträge und lassen die Strukturreformen im Unklaren bestehen?
Wieso sind Sie so mutlos im Bereich einer modernen
Staatsreform, die dazu führen würde, dass nicht nur einzelne Kompetenzen hin-
und hergeschoben werden, sondern wirklich ein moderner Staat in einem modernen
Europa des 21. Jahrhunderts entstehen könnte? Wo ist Ihr Mut, Herr
Bundeskanzler, der heute so dringend gebraucht worden wäre? (Beifall bei der
SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Wissen Sie,
manchmal hat man, wenn man Ihnen so zuhört und Sie das darstellen – und
ich muss ja durchaus sagen: Ein Teil der Punkte, auf die ich hingewiesen habe,
klingt durchaus vernünftig, und es gibt auch einige Punkte, wo wir in der Tat
übereinstimmen –, den Eindruck: Was gewiss ist, das sind die Belastungen.
Was noch im Ungewissen liegt, sind dann die in der Folge wolkig angekündigten
Reformen.
Auch wenn Sie über
ökologische Nachhaltigkeit reden, ist auffällig: Fix ist die Erhöhung der
Spritpreise. Aber worin der ökologische Charakter einer Reform bestehen soll,
das bleibt offen.
Was in erster
Linie einmal fix ist, ist, dass alle Österreicherinnen und Österreicher für den
Diesel mehr bezahlen und die Bauern weniger – was für die Bauern
sicherlich ganz nett ist.
Aber worin der
ökologische Charakter einer solchen Maßnahme bestehen soll, wenn Sie über
Nachhaltigkeit sprechen, das haben Sie uns heute nicht vermitteln können, Herr
Bundeskanzler.
Oft hat man den
Eindruck, das, was Sie als Reform bezeichnen, ist eine ziemlich mutlose Interessenvertretungspolitik.
Diese wird Österreich nicht weiterbringen. (Beifall bei der SPÖ und bei
Abgeordneten der Grünen.)
Mit Recht werden
Sie darauf verweisen, dass man nicht alle Probleme am ersten Tag einer neuen
Regierung mit einer Regierungserklärung lösen kann. Und ich stimme Ihnen zu. Es
liegt eine Legislaturperiode vor uns, von der wir nicht wissen, wie lange sie
dauern wird und wie stabil die Zusammenarbeit sein soll. Ich gehe einmal davon
aus, wir richten uns auf eine Zusammenarbeit zwischen der Regierung und dem
Parlament für die nächsten Jahre ein.
Dabei gibt es eine
Reihe von Reformen, bei denen Sie ganz genau wissen, dass Sie zumindest die
breite Zustimmung des Nationalrats brauchen werden, nämlich eine
Zweidrittelmehrheit. Und ich sage glasklar am Tag dieser Debatte zur
Regierungserklärung: Wenn es so ist wie in der letzten Legislaturperiode, dass
die Regierung nur versucht, über das Parlament drüberzufahren, dann wird es keine Partnerschaft geben. Wenn
es aber einen tatsächlichen Dialog über Reformen gibt, die im Nationalrat eine
Zweidrittelmehrheit brauchen, und dieser Dialog auch zu einer Partnerschaft
zwischen Parlament und Regierung führt, dann werden wir Sozialdemokraten
bereit sein, mit der Regierung über diese Reformen zu diskutieren, mit ihr
zusammenzuarbeiten und auch zu gemeinsamen Lösungen zu kommen. Es wird an
Ihrer Regierung liegen, Herr Bundeskanzler, ob Sie Abstand nehmen vom alten
schlechten Stil der alten schwarz-blauen Regierung und zu einem neuen Stil, zu
einem neuen Umgang mit dem Parlament finden. Wir sind zu dieser konstruktiven
Zusammenarbeit bereit. (Lebhafter Beifall bei der SPÖ.)
10.42
Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr
Abgeordneter Mag. Molterer. Die Uhr ist für ihn auf 20 Minuten
eingestellt. – Bitte, Herr Magister.
10.43
Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Verehrter Herr Bundespräsident! Herr Präsident des Nationalrates! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Liebe Mitglieder der österreichischen