Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 38

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Geschätzte Kollegen und teilweise nicht geschätzte Kollegen! Die Wahrheit ist – und diese ist auch dem Herrn Bundeskanzler zuzumuten –: So viel Fahrlässigkeit, so viel Eitelkeit und so viel Pokerspiel haben sich die Menschen in Österreich nicht verdient. Ein Politiker mit Anstand, mit einem Rest von Anstand würde das Scheitern ein­gestehen und gehen. – Herr Bundeskanzler, Ihnen fehlen Selbstkritik und der Rest von Anstand! (Beifall bei der SPÖ.)

10.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch mit einer Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

 


10.01

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Trunk, wissen Sie, was ich an Jörg Haider wirklich bewundere? – Die Tatsache, dass er es schafft, in jeder Debatte dabei zu sein. Ich gratuliere ihm dazu! (Heiterkeit und Beifall bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Sie, Frau Kollegin Trunk, haben allerdings die heutige Debatte über die künftige EU-Verfassung mit einem Auftritt auf dem sonst sehr schönen Klagenfurter Marktplatz verwechselt. Ich bedauere das zutiefst.

Meine Damen und Herren! Der Europäische Konvent hat Vorschläge dazu gemacht, wie die neue Verfassung der Union aussehen soll. Diese Vorschläge haben wir auch im Hohen Haus und im EU-Hauptausschuss, glaube ich, ausreichend debattiert. Be­züg­lich der Vorgangsweise wäre es nach den Vorstellungen der SPÖ und der Grünen so gewesen, dass die österreichische Bundesregierung in der Regierungskonferenz gar nicht verhandelt hätte. Nach Ihren Vorstellungen hätte die österreichische Bun­desregierung dort Ja und Amen gesagt zu dem Entwurf, den der Konvent erarbeitet hat. – Dieses Spiel, meine Damen und Herren, haben die Regierungsparteien und die Regierungsmitglieder nicht mitgemacht, und ich bin zutiefst froh darüber. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Konventsentwurf ist über weite Strecken akzeptabel und wird auch über weite Strecken einen großen Fortschritt für die gesamte Union brin­gen – aber eben nur über weite Strecken, nicht in allen Bereichen. Es hat Bereiche gegeben, die für einen Staat wie Österreich lebenswichtig sind, ja sogar überlebens­wich­tig in den Strukturen der sich neu bildenden Union. Das haben Sie, meine Damen und Herren von den Oppositionsparteien, ignoriert. Diese Regierung hat das aber nicht getan, und deshalb hat hier auch der Herr Bundeskanzler einen eindrucksvollen Be­richt über den Stand der Verhandlungen der Regierungskonferenz abgeben können.

Wir haben gefordert, dass wir im Rahmen der Präsidentschaft Regelungen finden, wo­nach auch kleinere Länder dort vertreten sein werden, und nicht, dass bei der Wahl des künftigen Präsidenten der Europäischen Union nur große Länder das unter sich ausmachen und keine Teampräsidentschaft möglich sein wird. Ja sogar die Rotation jedes halbe Jahr wäre für uns eine tragbarere Variante gewesen als das, was vorge­schlagen worden ist.

Auch die Forderung, dass jedes Land einen stimmberechtigten Kommissar in der Kom­mission stellen muss, ist eine essentielle. Diese Forderung scheint jetzt Erfolg zu ha­ben, obwohl alle gesagt haben, auch wenn nur an einem Fädchen des verschnürten Verfassungsvertrages, den der Konvent vorgelegt hat, gezogen wird, werde das ganze Gebäude zusammenbrechen. Alle diese Unkenrufer, meine Damen und Herren, wer­den jetzt eines Besseren belehrt. Man sieht, dass sich auch kleinere und mittelgroße Länder in der Europäischen Union durchsetzen können, wenn sie sich entsprechend


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