Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 46. Sitzung / Seite 48

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Bundesminister Pröll. – Bitte, Herr Minister.

 


11.59

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es wurde schon von mehreren Vorrednern angesprochen: Es gibt in Österreich einen breiten Konsens in der Frage des Umgangs mit Kernenergie in diesem Land, aber auch in der Frage der Positionierung Österreichs in der Kern­ener­gienutzung auf europäischer Ebene.

Alle vier Parteien haben über Jahre hinweg dazu eine klare Position eingenommen, und in diesem Lichte muss man aus meiner Sicht auch das Volksbegehren bewerten. Von 131 000 Unterschriften ist natürlich jede für sich ernst zu nehmen, aber es zeigt auch ganz klar und deutlich, dass eine große Mehrheit der österreichischen Bevöl­ke­rung sich mit dem identifiziert, was die Bundesregierung, was dieses Hohe Haus be­züg­lich der Stellung zur Atomkraft in den letzten Jahren geleistet hat.

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der zentrales Thema in der Auseinandersetzung und Diskussion um das Volksbegehren „Atomfreies Europa“ war, und darauf ver­wie­sen, dass aus rechtssystematischer Sicht die Bundesverfassung die rechtliche Grund­ordnung für den Staatsverband bilden sollte – darin sind wir hier, glaube ich, auch alle einer Meinung – und daher nur Regelungen allgemeiner Natur auf Verfassungsebene getroffen werden sollten. Das wurde auch im Unterausschuss von den meisten Exper­ten ganz klar in diese Richtung beantwortet.

Man muss auch bedenken, und jeder, der schon einmal an Verhandlungen auf inter­nationaler oder europäischer Ebene teilgenommen hat, weiß, dass verfassungs­recht­liche Verankerung und klare Bindung den Verhandlungsspielraum so einengen, dass sinnvolle Lösungen, die auch in unserem Interesse, nämlich in der klaren Positionie­rung der Ablehnung der Atomkraft, liegen, jedenfalls nur sehr schwer zu erzielen wären.

Mein persönlicher Zugang zur Frage Positionierung und Verhandlungsausrichtung ist die Ablehnung von extremen Positionen. Nur im Interesse der einen oder anderen Schlag­zeile grundlegende Verhandlungspositionen aufgeben zu müssen sehe ich nicht als Stil der Politik und auch nicht als Mittel dazu, in unserem Sinne zum Erfolg zu kommen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es lässt sich auch in der Atompolitik Österreichs die ausgewogene Vorgangsweise an mehreren Themen ganz klar ablesen. Es ist gelungen, dass schon vor Jahren, mit der beginnenden Diskussion um die Erweiterung der Europäischen Union, von unserer Seite klargemacht wurde, dass gefährlichste Reaktoren in den neuen Beitrittsländern abgeschaltet werden sollten, dass Sicherheitsverbesserungen vorgenommen werden sollten. – Und das wurde nicht erreicht mit Drohungen, sondern das wurde erreicht mit klarer Positionierung, mit Verhandlungsführung und mit Gesprächen.

Nehmen wir das Beispiel Temelίn, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in diesem Prozess ist einmal mehr klar geworden, dass nicht das Blockieren von Gren­zen, nicht das Drohen zum Erfolg führen, sondern einzig und allein die Verhandlung und das Gespräch. Wir konnten mit dem „Melker Prozess“ und den Brüsseler Verein­barungen Zug um Zug in eine Sicherheitsdebatte eintreten, um das Kraftwerk Temelίn sicherer zu machen. Mir wäre es auch lieber, wenn es vom Netz gehen würde, aber man muss auch die nationale Souveränität am Punkt X entsprechend respektieren.

Zweites Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gab eine heftige Debatte in der Tschechischen Republik, geführt vom Industrieminister, um den Ausbau der


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