Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 101

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 und 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


14.12

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr ge­ehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzten Monate der Diskussion um asylpolitisch relevante Themen und alles, was unter dem Stichwort Bundesbetreuung und Versorgung von Asylwerbern in Österreich subsumiert oder verstanden wird, waren von einer nicht ganz alltäglichen Vorgangsweise gekennzeichnet.

Das Leid, das Elend und das Ausmaß an Obdachlosigkeit im Bereich von Asylwerbe­rInnen mitten im Winter, kurz vor Weihnachten waren so unerträglich groß, dass selbst Betreuungseinrichtungen und -organisationen, die sich vor allem durch Besonnenheit auszeichnen, erschüttert waren. Beispielsweise katholische Organisationen wie die Caritas oder auch die evangelische Diakonie, Kirchen und kirchliche Organisationen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie Abstand nehmen von scharfen Worten, dass sie immer wieder versuchen, auch im christlichen Sinn Nähe zu schaffen, Kon­sens zu schaffen, und nicht auseinander dividieren oder polarisieren, sondern lösungs­orientiert arbeiten.

Diese Vorgangsweise und der tatsächliche Notstand, der entstanden ist, haben dazu geführt, dass es auf politischer Ebene zu Zusagen und Vereinbarungen gekommen ist. Der Bundesminister hat gesagt, es werde über Weihnachten keine obdachlosen Asyl­werber geben. Und es war so. Sein Wort hat in diesem Fall gehalten. (Bundesminister Dr. Strasser: Was heißt „in diesem Fall“?)

In diesem Fall, Herr Bundesminister, hat es tatsächlich über Weihnachten keine Entlas­sungen aus der so genannten Bundesbetreuung gegeben. Nach Weihnachten war der Notstand genau so groß. Im Rahmen dieses Verhandlungsweges und auf Grund des Drucks, der vor allem auf Sie, Herr Bundesminister, entstanden ist, wurde wieder eine Lösung zu Stande gebracht. Die Sensibilität in der österreichischen Bevölkerung für die Tatsache, dass Obdachlosigkeit von mittellosen Fremden etwas ist, was dieses Land am allerwenigsten braucht, ist groß, weil das nicht nur eine potenzielle Gefährdung derjenigen ist, die obdachlos sind, sondern auch für die Öffentlichkeit, weil dadurch Menschen in Notsituationen kommen, in denen sie über die Belastung, die sie als Traumatisierte, die Flüchtlinge in der Regel sind, haben, hinaus nicht so reagieren wie andere.

Wir verdienen 7 000 € brutto im Monat und haben alle, wie ich vermute, eine schöne Wohnung und ein Auto oder sonst noch etwas. Wir müssen uns nicht überlegen, ob die Kinder, die in die Schule gehen, am Schulschikurs teilnehmen können, weil es für uns wahrscheinlich selbstverständlich ist, dass man die eigenen Kinder nicht von sozialen Aktivitäten in der Schule ausschließt, und weil es keine Frage des Geldes ist. Ganz anders ist es bei Asylwerbern.

Dieses Klima – man macht sich etwas aus und vereinbart etwas – hat in gewisser Hin­sicht positive Früchte getragen. Das ist eben das Positive am Österreichischen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, Herr Bundesminister, dass nur klare Normen, klar in Gesetzen festgeschriebene Ansprüche bewirken können, dass sich die Leute weh­ren können, wenn ihnen ein Recht vorenthalten wird.

Das ist in der ganzen Frage der Betreuung und Versorgung von AsylwerberInnen der wesentliche Punkt. Die Europäische Union hat das schon längst erkannt und hat in


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