Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 223

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den hohen Rechtsschutzstandard, den wir haben, nicht aufgeben, und daher war es notwendig, hier ein sehr umfangreiches Gesetz zu beschließen, das die Form dieses Europäischen Haftbefehles für die österreichische Rechtslage genau normiert.

Damit wir dafür eine Verfassungsmehrheit bekommen – die ist nämlich notwendig, wenn wir österreichische Staatsbürger ausliefern –, wurde das Gesetz in Zusam­menarbeit mit der sozialdemokratischen Fraktion noch einmal abgeändert. Den Abän­derungsantrag wird dann Kollege Jarolim einbringen.

Ich glaube, dass wir die österreichischen Staatsbürger grundsätzlich vor Haftbefehlen des Auslandes gut geschützt haben, weil wir ja selbst auch ein Verfahren einleiten können, und dann wird das Verfahren hier bei uns abgewickelt, dann müssen wir nicht ausliefern.

Terrorbekämpfung angesichts der Anschläge in Madrid, angesichts der Bedrohung halte ich aber doch für eine sehr wichtige Bekämpfungsmaßnahme. Die Bevölkerung in Österreich hat ein Recht darauf, dass Terroristen dingfest gemacht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser für 4 Minu­ten Wunschzeit ans Rednerpult. (Abg. Dr. Moser: 3 Minuten!) Restzeit der Frak­tion: 11 Minuten. – Bitte, Sie wollen nur 3 Minuten sprechen.

 


21.22

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese europaweiten Vereinheitlichungen in Rechtsmaterien haben ja durchaus Sinn, das Problem ist nur, dass man jetzt bei dieser europäischen Haft­befehlsangelegenheit sozusagen nicht vereinheitlicht, was die Delikte anlangt, sondern nur die gegenseitige Auslieferung dingfest macht und damit einen Rechtszustand her­beiführt, bezüglich dessen ich Ihnen an zwei konkreten Beispielen zeigen möchte, wie widersinnig er an sich sein kann.

Konkret: Ein Österreicher beliefert ein französisches Unternehmen mit Ersatzteilen. Er stellt diese Lieferungen ein. Nach österreichischem Recht darf er das, nach fran­zösischem Recht ist das Sabotage. Es tritt, wenn Sie heute diesen Europäischen Haft­befehl beschließen, der Fall ein, dass dieser österreichische Staatsbürger, der nach österreichischem Recht keinerlei Delikt begangen hat, nach Frankreich ausge­liefert werden muss, weil er nicht mehr liefert. (Abg. Dr. Fekter: Sie haben den Abän­derungsantrag nicht gelesen!) Das ist Sabotage, und das ist unser Problem bei der Definition der Delikte, die angeführt werden, wo man ausliefern muss. Das ist zu schwammig. „Sabotage“ ist ein Allerweltsbegriff.

Ein zweiter schwammiger Begriff, dessentwegen ausgeliefert werden soll: „Cyber-Kriminalität“. Bitte, sagen Sie mir, Sie von der SPÖ, Sie von der ÖVP: Was ist „Cyber-Kriminalität“? Es könnte unter widrigen Umständen durchaus passieren, dass eine österreichische Staatsbürgerin, ein österreichischer Staatsbürger wegen Cyber-Krimi­nalität ausgeliefert werden muss. Wer weiß, was das ist?

Stellen Sie sich jetzt einmal vor, Sie müssen in einem französischen, in einem spani­schen, in einem portugiesischen oder in einem griechischen Gefängnis auf die Ver­hand­lung warten. Stellen Sie sich vor, Sie sind dort vor Sprachprobleme gestellt, und stellen Sie sich vor, Sie müssen dort wirklich um Ihre Freiheit kämpfen in einer Sprache, der Sie nicht mächtig sind, und wo das Dolmetschen wahrscheinlich auch nicht so einfach ist.

Das sind unsere Bedenken, und diese orientieren sich an der Kritik, die auch Experten in Deutschland festgehalten haben.

 


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