Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 35

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zu stellen sein, aber vorerst sei eines bemerkt: Von beiden Seiten, nämlich sowohl von den Erweiterungsländern wie auch von den derzeitigen Beitrittsländern, werden extrem hohe wirtschaftliche Erwartungen an diese Erweiterung geknüpft. Das gibt Konflikt, meine Damen und Herren! Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass, wenn es nicht extra organisiert und bearbeitet wird, es zu einem harmonischen Miteinander und einem gemeinsamen Gewinn aus wirtschaftlicher Tätigkeit aus dem Zusammenwach­sen Europas kommt.

Wenn statt des Aufbaus von fairen Handelsbeziehungen der Neoliberalismus fröhliche Urständ’ feiert, meine Damen und Herren, wenn die Erweiterung dazu genützt wird, Arbeitsbedingungen in Österreich zu verschlechtern, mit dem Druck argumentierend, dass durch den Beitritt die Lohnnebenkostendifferenz sehr stark schlagend würde, Ar­beitsregeln bei uns in Frage gestellt werden, dann entfernen Sie sich von einem europäischen Konsens, der in der Bevölkerung, aber leider nicht in den Regierungen herrscht, nämlich dem Konsens für ein soziales Europa. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Frage, welche Art des Wirtschaftswachstums wir haben werden, ist die ent­scheidende Zukunftsfrage für Europa. Wird es eine Wirtschaft des Neoliberalismus sein oder wird es ein nachhaltiges Wirtschaften sein? Wird es eine Energiepolitik sein, die auf die erneuerbaren Energieträger setzt, oder setzen Sie, meine Damen und Herren, mehr oder minder verdeckt auf die alten großen Kolosse, wie etwa die Atom­energie?

Werden Sie in der Verkehrspolitik alle Leute zum Autofahren verdonnern oder werden Sie bereit sein, die Alternativen im öffentlichen Verkehr zur Verfügung zu stellen? Das braucht Investitionen – aber so, wie Sie derzeit Ihre Investitionen planen, geht es in die falsche Richtung. (Das rote Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Ein soziales Europa ist das, was sich die Menschen erwar­ten. Orientieren Sie Ihre Politik um, bevor Sie in die sechziger Jahre zurückfallen, statt an die Zukunft zu denken! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


12.47

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren, die Sie über Fernsehen mit uns ver­bunden sind! Hohes Haus! Große Politiker, so etwa auch unser Leopold Figl, haben von der Vision gesprochen, dass wir ein großes, ein starkes, ein einiges Europa brau­chen. Wir haben die Chance, das zu erleben. Vor etwa zehn Jahren haben wir abge­stimmt und uns dazu entschlossen, dieser Europäischen Union beizutreten, die sich seit 1989 gewaltig verändert hat.

Dem großen Ziel der europäischen Integration, der Schaffung einer Zone der Stabilität, der Sicherheit, des Friedens und der Rechtsstaatlichkeit in Europa, sind wir somit ge­waltig näher gekommen. Dieser Prozess ist von Veränderungen geprägt. Wir sind von der Grenzmarkt- oder von der Randlage in den Mittelpunkt Europas gewandert. Es kommt viel auf uns zu. Es gibt viele Fragen – wie werden wir damit umgehen? Es gibt Risken, es gibt neue Möglichkeiten. All das ist Realität.

Das Europa der Gemeinsamkeit der 25 muss eben gelebt werden – heute, hier, aller­orts und auch am 13. Juni, wo die Bürgerschaft über die europäische Politik mit zu entscheiden hat. Wir haben am neuen Europa nicht nur in der Richtung mitzugestalten,


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