Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll76. Sitzung / Seite 194

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Ich möchte mich auch ganz herzlich bedanken für die Übersetzung dieses meines Bei­trages in die Gebärdensprache und hoffe, dass wir bald die entsprechenden Reformen einleiten können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Lapp. Ihre Wunschredezeit ist 3 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


20.58

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Die Situation gehörloser Menschen ist gepflastert von Einsamkeit, von wenig Chancen, von wenig Perspektiven. So gab es im vergangenen Jahr eine Studie über gehörlose Frauen in Österreich, in der festgehalten wurde, dass Benachteiligungen und Diskriminierungen an der Tagesordnung sind. Gehörlosen Männern und Frauen wird der Zugang zur Bil­dung verwehrt, wird der Zugang zur weiterführenden Bildung verwehrt und wird der Zu­gang zur Ausbildung verwehrt.

Es ist so, dass sehr viele gehörlose Menschen nach wie vor in Berufen tätig sind, die mit der Schneiderei zu tun haben oder schneidereiähnliche Berufe sind. Ihnen bleibt eine große Palette an Auswahlmöglichkeiten verschlossen. Daraus ergibt sich, dass gehörlose Menschen wenig Selbstvertrauen haben und einer erhöhten Depressions­gefährdung ausgesetzt sind, weil sie keine Chancen und keine Perspektiven sehen.

Die Diskussion über die Verankerung der Gebärdensprache in der Verfassung geht schon sehr lange Zeit. Es gab eine Einigkeit aller vier Fraktionen, einen Unteraus­schuss einzurichten. In diesem Unterausschuss gab es ein Hearing, und da wurde einstimmig festgestellt, auch von allen Expertinnen und Experten festgehalten, dass es wichtig ist, die Gebärdensprache in der Verfassung zu verankern, um gehörlosen Men­schen in ihrer Muttersprache den Zugang zu Bildung und Ausbildung zu ermöglichen. Doch im Entwurf zum Gleichstellungsgesetz ist die Anerkennung der Gebärdensprache in den Erläuterungen versunken.

Unserer Meinung nach ist es unabdingbar, dass das Gleichstellungsgesetz für behin­derte Menschen Hand in Hand mit der Anerkennung der Gebärdensprache geht. Wich­tig ist, dass Ausbildungsmöglichkeiten für Gebärdensprachdolmetscher und -dolmet­scherinnen geschaffen und diese Dolmetscherinnen und Dolmetscher dann auch eingesetzt werden.

Wenn die Gebärdensprache anerkannt ist, dann bekommen gehörlose Menschen die gleiche Förderung: Frühförderung über die Gebärdensprache bereits im Kindergarten sowie in der Schul- und Berufsausbildung. Ein gehörloser Mann hat mir erzählt, dass sich ihm von dem Moment an, als er in Gebärdensprache unterrichtet worden ist, eine Vielzahl an Wissensmöglichkeiten aufgetan hat.

Wenn gehörlose Kinder in Schulklassen sitzen und dort vielleicht nur 10 Prozent mitbe­kommen, weil es keine Gebärdensprachdolmetscher gibt, dann ist das Ganze mehr als schwierig.

Wenn die Gebärdensprache anerkannt ist, dann stehen sehr viele Ausbildungsmöglich­keiten offen, auch andere Berufe, denn die Berufspalette im 21. Jahrhundert ist eine wesentlich größere als die der Schneiderei. Wenn gehörlose Menschen in unserer Gesellschaft gleichgestellt werden, dann gibt es auch gleiche Zugänge, und die Gebär­densprache wird auch für hörende Menschen als Kommunikationsmittel interessant.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Geben Sie sich einen Ruck und verwirklichen Sie die Verankerung der Gebärdensprache in der Verfassung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


21.02

 


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