Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 190

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befristet, weil so vieles in der österreichischen Strafvollzugspolitik sozusagen sehr kurzfristig ist.

Die letzte große Novelle, die es hiezu gegeben hat – ich habe Frau Ministerin Miklautsch die Historie im Ausschuss schon erläutert –, war die des Jahres 1993, eine Novelle, die sehr maßgeblich auch von der Opposition mitgestaltet wurde, weil sie sozusagen auf einem historisch einmaligen Ereignis gefußt hat: dass sich nämlich auf Grund eines oppositionellen Initiativantrages ein Unterausschuss ein Jahr lang mit dieser Materie beschäftigt hat. Aus der Arbeit dieses Unterausschusses ist ein Ministerialentwurf beziehungsweise eine Regierungsvorlage entstanden und letzt­endlich ein Strafvollzugsgesetz, das sich damals – vor mehr als zehn Jahren kam es zu dieser Beschlussfassung – wirklich sehen lassen konnte.

Inzwischen ist jedoch eine Dekade vergangen, und die Herausforderungen an den Strafvollzug haben sich geändert und sind in gewisser Hinsicht auch größer geworden, und vor allem ist der Strafvollzug durch den gesetzlichen Rahmen, den das Straf­vollzugsgesetz 1993 bietet, sicherlich nicht mehr in allen Facetten zeitgemäß. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Deshalb ist es also mehr als an der Zeit, sich mit der Frage eines modernen Straf­vollzugsgesetzes auseinander zu setzen. Frau Ministerin, Folgendes kann ich Ihnen heute keinesfalls ersparen, und das habe ich mir gedacht, als Herr Minister Böhm­dorfer hier als nunmehriger Abgeordneter gesprochen und gesagt hat, das sei eben aus der Broda-Zeit, dass es diese Versicherung nicht mehr gibt: Was vorher war, war ganz bestimmt ein viel rückständigerer Strafvollzug als der in der Broda-Zeit. Das hat ja bei Abgeordnetem Böhmdorfer so geklungen, als hätte es in der Zeit von Justizminister Broda eine Verschlechterung gegeben. – Das Gegenteil war der Fall!

Tatsache ist – das ist der Punkt –, dass, wenn jetzt Strafvollzug in Österreich in den Medien oder in der gesellschaftlichen Diskussion vorkommt, das immer nur geschieht auf Grund von Missständen, auf Grund von Vorfällen, auf Grund von Todesfällen, auf Grund des Verdachtes sozusagen, dass die Strafvollzugsbediensteten mit ihrer Arbeit nicht zu Rande kommen, wobei ich hier jetzt nicht einzelnes persönliches Fehl­verhalten geißeln möchte, sondern – Otto Pendl hat ja bereits darauf hingewiesen – die Situation als solche.

Jetzt ist es nicht mehr so, wie es eben in den siebziger und achtziger, ja sogar noch Anfang der neunziger Jahre der Fall war, dass wir deshalb eine positive Nachrede haben, weil wir in Österreich moderne Gesetze beschlossen haben, weil wir einen modernen und aufgeschlossenen Zugang zu den Dingen haben.

Die Dinge haben sich völlig verkehrt: Nur mehr Negatives, nur mehr Alarmmeldungen, und zwar von allen Seiten – sowohl was Vorkommnisse als auch Alarmmeldungen von Seiten der Personalvertretung und der Gewerkschaft über Personalmangel anlangt –, ist das, was die Diskussion jetzt bestimmt.

Frau Ministerin Miklautsch, da sind Sie wirklich gefordert! Und weil ich Frauen prinzipiell mehr vertraue als Männern, was Umsetzungsfähigkeit betrifft, vertraue ich in diesem Fall auch mehr auf Sie, Frau Ministerin Miklautsch, als auf Minister Dr. Böhm­dorfer, Ihren Vorgänger. (Beifall bei den Grünen.)

20.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

 


20.03

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin, ich schließe mich auch den Vorrednern hinsichtlich des Dankes und der Glückwünsche für


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