Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 191

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Ihre Tätigkeit gemeinsam hier mit dem Hohen Haus an. Konzentrieren möchte ich mich jetzt aber auf ein paar Bemerkungen zum angesprochenen Tagesordnungspunkt, und ich ersuche Sie, sich zu vergegenwärtigen, um welche Höhe, um welchen Betrag es sich hiebei handelt: In Summe 50 Prozent Bundesleistung/50 Prozent Landesleistung; das macht 17 Millionen € für den Status der voll zahlenden Privatpersonen.

Ich schließe mich daher den Anregungen und den Mahnungen von Ex-Minister Böhm­dorfer an, der sagt, es müsse da eine Änderung herbeigeführt werden. Mir sind alle Maßnahmen und alle Wege recht, wenn es zu einem Versichertenstatus kommt.

Was mich an dieser Materie besonders betroffen gemacht hat, ist, in welchem Bereich die schon zitierte Steigerung zu verzeichnen war. Im hier angeführten Vergleichs­zeitraum 1989 bis 2000, in elf Jahren also, sind die Kosten insgesamt um 250 Prozent gestiegen. Massive Kostensteigerungen gab es bei der externen Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher in öffentlichen psychiatrischen Krankenanstalten, und zwar von 28 Millionen auf 154 Millionen Schilling. Eine Steigerung um 445 Prozent! Eine Steigerung der Kosten um 445 Prozent heißt auch: Steigerung der Fälle um 445 Pro­zent.

Als Mensch, als Politikerin gibt es mir schon zu denken, warum die Zahl zurechnungs­unfähiger und geistig abnormer Rechtsbrecher in dieser Zeit derart gestiegen ist. Ich habe mir Gedanken über die Gründe gemacht und möchte dazu sagen: Zum einen, wie das Gesundheitssystem betroffen ist und gleichermaßen von besseren Diagnose­möglichkeiten, von besseren Behandlungsmöglichkeiten profitiert, müssen wir uns aber von diesem offensichtlichen Irrtum verabschieden, dass bessere Diagnose, dass bessere Behandlung zu einem günstigeren Gesundheits- beziehungsweise Behand­lungs­system führt. Das ist im Gesundheitssystem so und auch was die Behandlung geistig abnormer, geistig unzurechnungsfähiger Rechtsbrecher anlangt.

Ich war Mitglied der Wiener Strafvollzugskommission und habe diese Patientinnen und Patienten besucht und muss sagen: Das ist die teuerste Form der Tag- und Nacht­betreuung. Was das anlangt, muss uns eine Möglichkeit einfallen, schon im präven­tiven Bereich einzugreifen. Interessant wäre, Frau Bundesministerin Miklautsch, zu erforschen – auch unter Hinzuziehung etwa von Dissertationen und verfügbarem Forschungsmaterial –, wie diesbezüglich die Lage in Europa ausschaut, welche Form der Prävention da geleistet werden kann. Auch sollte die Frage gestellt werden: Was heißt in unserer multi-optionalen Gesellschaft Gefährdung, in einer Gesellschaft, in der es mehr und mehr um gesellschaftliche Tabubrüche geht? Was heißt es, an der Schwelle zwischen Risikogesellschaft tabubruchhaft belastet zu sein und eigentlich ein grenzwertiger Fall in Richtung Krankheit zu sein, mit der Gefahr, schnell ins Kriminelle zu kippen?

Eine solche Untersuchung, auch dass wir das gemeinsam in Europa aufarbeiten, wäre mir wichtig. So gesehen sind die Kostenfrage und der Versichertenstatus dann eigentlich eine nachgeordnete Frage.

Viel Arbeit liegt vor uns, und wir freuen uns darauf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfas­sungsgesetz in 622 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

 


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