Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 47

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Ganze aus dem Blick zu verlieren, es überhaupt nicht mehr im Kopf zu haben. Daraus ist die Idee entstanden, einen Europäischen Konvent einzurichten, wo eine Mehrheit von Parlamentarierinnen – es waren leider nicht sehr viele Frauen, aber dennoch einige – und Parlamentariern vertreten war, die dort in einem ganz eigenen und ganz neuen Verfahren einen Entwurf gemacht haben. Dieser wäre – das verhehle ich nicht – auch uns Grünen noch lieber als das, was jetzt als Verfassungsentwurf vorliegt.

Was ist dann geschehen? – Die Regierungskonferenz ging noch einmal drüber – auch diese Bundesregierung und der Bundeskanzler waren dabei – und hat leider einige Dinge noch rausgenommen (Abg. Mag. Molterer: Einige Verbesserungen gemacht!), zum Beispiel den Vorschlag für die Abhaltung einer europäischen Volksabstimmung, meine Damen und Herren. Das, was der Kollege Scheibner ... (Abg. Scheibner: Ich komme erst dran!) Oder war es der Kollege Bösch? Pardon! – Das, was Kollege Bösch vorhin gesagt hat, nämlich, die Freiheitlichen wären für europäische Volksabstimmung, hätte diese Bundesregierung schon während der Regierungskonferenz einfordern kön­nen. Sie hätte schon damals Allianzen in den anderen europäischen Staaten suchen können, zumal auch einige andere Staaten wollten, dass das, was im Entwurf stand, auch tatsächlich kommt. Dann würde es jetzt die Möglichkeit geben, dass das euro­päische Volk gemeinsam, am selben Tag, über diesen Vertrag abstimmt. Dadurch würde tatsächlich diese europäische Idee auch bei einer Volksabstimmung Gewicht bekommen. Aber diese Chance hat diese Bundesregierung vertan, meine Damen und Herren. Das hätten Sie erreichen können! Leider haben Sie es vertan.

Genauso wussten Sie zu verhindern, dass hier im Nationalrat, wie auch im Verfas­sungsausschuss Mitte Februar, eine Petition behandelt wird, die eine Volksabstim­mung vorsieht. Wir haben den Wunsch unterstützt, dass das im Nationalrat behandelt wird. Die Regierungsfraktionen hingegen waren dagegen. Sie wollten das nicht! Sie haben gesagt: Nein, nicht einmal reden wollen wir darüber! Also sagen Sie uns nicht, dass Sie für eine europäische Volksabstimmung gewesen wären. Sie haben es nicht versucht – und über eine Volksabstimmung in Österreich wollten Sie nicht einmal diskutieren. Für uns ist klar: Wir wollen eine Volksabstimmung auf europäischer Ebene, und dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wo?)

Genauso treten wir Grüne mit einem kämpferischen Ja für diese Verfassung ein. Es gibt einige Punkte, die uns daran nicht so gut gefallen, aber im Ganzen ist es ein Fun­dament für eine europäische Demokratie. Diese Verfassung verankert Grundrechte, die EU wird ein völkerrechtliches Subjekt, zum ersten Mal in der Geschichte der Men­schenrechte werden die sozialen Rechte zu klassischen Menschenrechten erklärt. Die Garantie, dass Menschen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen nicht mehr diskriminiert werden dürfen, steht drinnen. Das Gleichstellungsgebot von Frau und Mann wird verstärkt – das ist notwendig, gerade auch im Falle Österreichs. Andere Ziele sind: nachhaltige Entwicklung, umfassender Friedensauftrag, gerechter Welthandel und vieles andere mehr. Aber auch zivile und militärische Konfliktpräven­tion in der Verteidigungspolitik sind darin verankert, sie werden von dieser Verfassung erstmals auf die gleiche Stufe gehoben, und zwar Konfliktprävention überhaupt als Teil von Friedenspolitik. Das ist einer von mehreren Gründen, warum wir ein kämpferisches Ja für diese Verfassung aussprechen und uns dafür einsetzen werden, dass sie in Zukunft weiter verbessert wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. Ich erteile es ihm.

 


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