Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 96. Sitzung / Seite 53

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völkerrechtlichen Vertrages durch den österreichischen Verfassungsgesetzgeber, und ich halte diese Vorgangsweise für eine sehr weise und kluge Vorgangsweise.

Diese Vorgangsweise inkludiert aber auch, dass man sich mit diesen Verträgen auf parlamentarischer Ebene sehr gewissenhaft auseinander setzen muss und alle Ein­wendungen entsprechend berücksichtigen sollte. Natürlich kennen wir alle die Petition, die für die Genehmigung dieses Vertrages eine Volksabstimmung verlangt. Ich glaube aber nicht, dass eine Volksabstimmung notwendig ist, weil schon bisher durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das europäische Recht Vorrang vor dem nationalen Recht hatte und somit jene Artikel, die nach so mancher Lehrmeinung eine Änderung der österreichischen Baugesetze herbeiführen, in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bereits vorweggenommen sind.

Somit geht dieses Argument ins Leere. Man kann durchaus davon ausgehen, zumal man auch bis jetzt mit dieser Regelung gelebt hat, dass durch die Europäische Verfas­sung keine Veränderung der österreichischen Verfassung stattfinden wird.

Darüber hinaus haben meine Vorredner schon klargelegt, dass die Europäische Ver­fassung durchaus ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, nämlich für mehr Bür­gerrechte, für mehr parlamentarischen Einfluss, ist. Die Bürgerrechte werden dadurch gestärkt, dass es nach dieser Verfassung eine Volksinitiative geben wird, dass die Möglichkeiten des Europäischen Parlaments gestärkt werden, sodass die gewählten Mandatare des Europäischen Parlaments auch Einfluss auf die Politik der Europäi­schen Union nehmen können, und zwar vermehrt. Ich glaube, dass dies ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Zu erwähnen ist auf alle Fälle die Grundrechts-Charta, die nunmehr über einklagbare Grundrechte verfügt. Es ist zu erwähnen, dass die Daseinsvorsorge in dieser Ver­fassung verankert wurde, ebenso der Schutz der Minderheiten. Außerdem wurden die Rechtssysteme und die Kontrolle der Rechtsentscheidungen verstärkt.

Im Wesentlichen kann man davon ausgehen, dass diese Verfassung eine Verbesse­rung der Bürgerrechte bringt, eine Verbesserung der nationalstaatlichen Eingriffsmög­lichkeiten, aber auch eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle der Entschei­dungen des Rates.

Ich sehe in diesem Vertrag, der nunmehr als Europäische Verfassung beschlossen werden soll, einen Schritt in die richtige Richtung, wenngleich es auch uns lieber ge­wesen wäre, hätte man über einen derart großen völkerrechtlichen Vertrag eine euro­päische Volksabstimmung zulassen können. Ich glaube, es wäre vernünftig und auch im Sinne der Identifikation der Bürger der Europäischen Union gewesen, eine Volks­abstimmung auf europäischer Ebene stattfinden zu lassen. Eine Volksabstimmung auf nationaler Ebene erachte ich aus den oberwähnten Gründen als nicht notwendig.

Im Verfassungsausschuss ist eine entsprechende Petition zur Behandlung gelandet. Es ist schade, dass diese Petition nicht im Zusammenhang mit dem Beschluss über dieses Ermächtigungsgesetz mitbehandelt wurde, aber wir konnten diese Petition leider nicht verhandeln, weil die Regierungsparteien gegen eine Verhandlung darüber im Verfassungsausschuss waren.

Ich glaube aber trotzdem, dass Österreich einen gewissenhaften, sorgfältigen und sehr, sehr weisen Umgang mit völkerrechtlichen Verträgen der Europäischen Union pflegt, und diese Vorgangsweise ist auch gegenüber den Bürgern zu rechtfertigen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


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