Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 240

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melung wirklich verankert wird und auch öffentlich entsprechend dargestellt wird, denn dadurch kann viel Leid von vielen Frauen entgegengewirkt werden. (Allgemeiner Beifall.)

21.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.11.16

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Vorrednerinnen haben schon einige Teile der Problematik der weiblichen Genital­verstümmelung angesprochen. Als ich mir den Antrag noch einmal angesehen habe, habe ich mich daran erinnert, dass es zu Beginn meiner Tätigkeit in entwicklungs­politischen Organisationen vor 20 Jahren war, als 1985 die 2. Weltfrauenkonferenz in Nairobi stattfand. Damals gab es heftige Berichte von einigen westlichen Frauen, die bei der Konferenz gegen die schreckliche Praxis der Genitalverstümmelung protes­tierten und darauf beharrten, dass doch die Afrikanerinnen etwas dagegen tun müssen. Viele afrikanische Frauen sagten hingegen: Schaut doch zuerst einmal, was bei euch passiert! Wir regeln unsere Dinge bei uns in Afrika schon selber! Lasst uns mit diesem Thema alleine, das ist unser Thema!

Ich denke, es hat sich seit damals zum Glück einiges geändert. Es ist mittlerweile so, dass es in vielen afrikanischen Staaten, in so gut wie allen, wo Genitalverstümmelung praktiziert wird, Frauenorganisationen und andere Organisationen gibt, die sich dagegen zur Wehr setzen, die auch im Land selber Aufklärung betreiben. Diejenigen Entwicklungspolitiksprecherinnen und -sprecher von uns, die 2001 in Burkina Faso waren – ich glaube, Karin Hakl war damals auch mit –, konnten zum Beispiel einem Theaterstück beiwohnen, das eine frühere Hebamme mit ihrer Organisation in einem Dorf aufführte. Diese Hebamme hat mit Forum-Theater-Methode – also mit einem Theater, wo man einspringen und selber etwas nachspielen oder neue Lösungen finden kann – vor dem ganzen Dorf dort mit ein paar hundert Zuschauerinnen und Zuschauern, Männern, Frauen und Kindern, diese Thematik bearbeitet. Das Theater­stück hatte sie mit den Leuten aus dem Dorf selbst erarbeitet. Damit hat sie auch Diskussionsprozesse in Gang gebracht, die ein Umdenken erst möglich machen – ein Umdenken bei jenen Frauen, die selber diese grausamen Taten setzen, nämlich die Mädchen verstümmeln, aber auch ein Umdenken bei Männern, die meinen, dass Mädchen und Frauen nur dann rein sind, wenn sie verstümmelt sind, und auch ein Umdenken bei den Mädchen selbst, die glauben, dass das notwendig wäre. Also da hat sich zum Glück vieles geändert.

Leider ist es aber so, dass auch bei uns in Europa Verstümmelungen immer wieder von Ärzten gemacht werden, die meinen, dass das so gehört, und die dafür gut bezahlt werden. Ich denke, dass es gut ist, dass die Aufmerksamkeit auch bei uns größer geworden ist und dass es möglich ist, heute hier im Nationalrat diese Worte auszusprechen und davon zu sprechen, dass es weibliche Genitalverstümmelung gibt. Das wäre vor zwanzig Jahren, glaube ich, auch hier noch nicht möglich gewesen.

Ich bin froh darüber, dass es diesen Antrag gibt, dass sich alle vier Fraktionen darauf geeinigt haben, und hoffe sehr, dass die Außenministerin diesem Antrag folgen und sich auch auf UNO-Ebene mit vielen anderen dafür einsetzen wird, dass dieser Tag, der 6. Februar, tatsächlich zu einem Gedenktag gegen weibliche Genitalverstüm­melung wird, dass das Erfolg haben wird, denn das Recht auf sexuelle Selbst­bestim­mung, das auch Petra Bayr angesprochen hat, ist ein ganz zentrales Menschenrecht. Deswegen bin ich froh, dass es diesen Antrag gibt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

21.14

 


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