Ich gestehe ein, dass es in den letzten Tagen auch bei uns im Klub und in der Partei gewisse Ratlosigkeit in den Diskussionen gegeben hat, wie man da jetzt weiter vorgehen soll. Es ist jedenfalls ein massiver Rückschlag für Europa, sich jetzt noch einmal damit auseinander setzen zu müssen, noch einmal diese 25 Mieterparteien unter einen Hut zu bringen und eine Verfassung zu schaffen. Aber ich fürchte, es wird uns nichts anderes übrig bleiben.
Im Übrigen zum BZÖ noch ein Wort: Jörg
Haider gründet gerade seine dritte Partei. Nachdem das BZÖ sehr, sehr
diszipliniert und brav den Verfassungsvertrag hier ratifiziert hat, tritt sein
Parteichef draußen gegen diese Verfassung auf! – Das ist unglaubwürdig, und das ist
genau die Politik, die mittelfristig europäisches Bewusstsein, europäische
Dimensionen für die Bürger und Bürgerinnen kaputt macht. (Beifall bei den
Grünen und der SPÖ.)
9.49
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. – Bitte.
9.49
Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! (Abg. Dr. Cap: Liebe Europäer!) Die SPÖ hat heute für ihre Aktuelle Stunde einen Titel gewählt, der ein wenig falsch ist. Es geht nämlich nicht um eine Kehrtwendung der EU-Politik, sondern in Wirklichkeit um eine Kehrtwendung der SPÖ-Politik. Und das ist das Bemerkenswerte, das wir heute feststellen müssen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Das haben die Bürger in Frankreich und Holland nicht bewirken wollen: dass die SPÖ in Österreich auf Grund dieser Referenden all das aufgibt, was bisher in europäischer Hinsicht Ziel ihrer Politik war. (Abg. Mag. Wurm: Das Volk hat gesprochen! Das Volk!)
Meine Damen und Herren! Es ist wirklich bemerkenswert, wenn man den Rednern der SPÖ zuhört, was sich da offenbar innerhalb von vier Wochen alles verändert hat. Vor vier Wochen wurde die Europäische Verfassung gepriesen, es wurde das Friedensprojekt Europa hervorgehoben. Man hat die Inhalte der Europäischen Union und die Integration besonders gelobt. – Vier Wochen später ist anscheinend alles anders.
In der
Europäischen Verfassung gibt es die Inhalte, meine Damen und Herren, die Sie
jetzt einfordern. Sie sagen, das seien die falschen Inhalte. Die Europäische
Verfassung hat bei den Zielsetzungen zum Inhalt, Vollbeschäftigung zu
erreichen. Meine Damen und Herren, das ist genau das, was Sie wollen: Dass man
sich darauf konzentriert, dass es mehr Beschäftigung gibt, dass das ein gemeinsames
Ziel ist. Es ist Gegenstand dieser Europäischen
Verfassung. Daher sind die Inhalte richtig und nicht falsch! (Beifall bei
der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)
Zum Zweiten
erklären Sie uns heute, die Österreicher würden sich wieder den Schilling
wünschen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wer hat das gesagt?) Leider
sind Sie da völlig falsch unterwegs, Herr Kollege Einem, obwohl ich Sie als
Europapolitiker sonst sehr schätze. Gerade gestern hat OGM eine Umfrage
veröffentlicht, die feststellt, dass 21 Prozent der Befragten den
Schilling wieder haben wollen, aber 73 Prozent der Österreicher für den
Euro sind. (Abg. Dr. Matznetter: Haben Sie Schwierigkeiten, den
Kollegen Einem zu verstehen?) Meine Damen und Herren! Eine Kehrtwende
offenbar in der SPÖ-Politik, dass man sich jetzt schon nicht mehr auf das
konzentriert, was die Österreicher wollen. – Wir wollen den Euro, wir
behalten den Euro, wir sind auf der Linie der Österreicher! (Beifall bei der
ÖVP.)