Hier geht es aber immerhin um einen Bereich der Dienstleistung, um eine der modernsten, eine der wissenschaftsträchtigsten Industrien, wenn man will, wo eine Chance in der Zukunft liegt. Und wenn sich Europa erneut dafür entscheidet, nicht auf der Seite der mittelständischen Unternehmungen, nicht auf der Seite der Vielfalt zu stehen, sondern auf der Seite der Konzerne, dann ist das erneut ein Schlag gegen europäische Arbeitsplätze und gegen die europäische Eigenständigkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Sie haben die Frage der Landwirtschaftspolitik angesprochen, Herr Bundeskanzler, und ich weise darauf hin, dass es EU-Kommissar Franz Fischler war, der weit reichende Vorschläge zur Reform gemacht hat, aber leider in vielen Punkten nicht durchgekommen ist. Er hat am 23. Juni gesagt, er verstehe die Haltung des britischen Premierministers Tony Blair im Streit um die EU-Finanzen, weil auch er der Meinung sei, dass in der Landwirtschaftspolitik auf europäischer Ebene ein weiterer Reformbedarf bestehe.
Meine Damen und Herren, seien wir doch ganz
ehrlich: Die hohen EU-Agrarförderungen haben in den letzten Jahren das
Bauernsterben nicht verhindert. Und sie haben in vielen Teilen Europas auch
nicht verhindert, dass es zu einer Verödung der Landschaften gekommen ist. Was
vielfach eigenständige Produktion und ländliche Entwicklung gesichert hat, das
war eben teilweise das, was wir aus nationalen Ko-Förderungen leisten. (Widerspruch
des Abg. Grillitsch.)
Sie, Herr Grillitsch, wissen genau, dass Österreich eines der Länder ist, das aus dem eigenen – österreichischen – Budget zusätzlich zur EU-Agrarpolitik am meisten ausgibt, weil wir wollen, dass es Bergbauern gibt, weil wir wollen, dass es Biobauern gibt, weil wir wollen, dass es eine Entwicklung des ländlichen Raumes gibt. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Grillitsch: Aber 50 Prozent weg, Herr Gusenbauer!)
Aber die Finanzierung der europäischen Agrarindustrie geht an 90 Prozent der österreichischen Bauern völlig vorbei, und das ist der falsche Weg! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Lentsch: Das glaubt Ihnen ja niemand! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)
Ich komme zum Schlusssatz, Herr Präsident.
Schade, dass ich heute so wenig Zeit habe, aber lassen Sie mich abschließend
noch eines sagen: Ich verstehe vollkommen, dass es einen Staatssekretär für
EU-Fragen gibt, weil es wichtig ist, die Präsidentschaft erfolgreich
durchzuführen. Ich glaube, dass Hans Winkler das hervorragend
machen kann, weil er ein guter Diplomat ist. Aber warum er zusätzlich
kommt und nicht statt eines anderen, das bleibt unerklärlich. (Lebhafter
Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Gusenbauer
begibt sich zur Regierungsbank und reicht dem dort sitzenden Staatssekretär
Dr. Winkler die Hand.)
10.46
Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Seine Redezeit beträgt 12 Minuten. – Bitte.
10.46
Abgeordneter
Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr
geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der
Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Rede
namens meiner Fraktion dem neuen Staatssekretär Dr. Hans Winkler zu seiner
Berufung herzlich gratulieren! Wir alle kennen Hans Winkler in diesem Hause,
insbesondere im Außenpolitischen Ausschuss, als einen wirklich profunden Kenner aller Fragen der
Außenpolitik, als einen überzeugenden Diplomaten, als eine Persönlichkeit, der
man wirklich vieles zutrauen kann.