Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 95

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Ein zweites Beispiel brachte der ORF in seiner Fernsehsendung „Am Schauplatz“ am 28. Juni. Dort sagten Arbeitnehmer aus Ruzomberok – das ist in der Mittelslowakei – im Interview: Wir arbeiten hier in einer österreichischen Firma zu Löhnen wie in einer Bananenrepublik und leben zu Preisen wie im alten Europa.

Wenn ich jetzt noch die Arbeitslosenzahlen Österreichs aus dem Juni hernehme – es waren 211 310 Menschen, junge und ältere, die gleichzeitig allesamt länger arbeiten müssen oder sollen, nur fehlen dazu die Arbeitsmöglichkeiten –, dann, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, verstehe ich die Kritik oder die Ablehnung mancher Men­schen gegenüber Europa. Eine Europapolitik, die 20 Millionen Menschen arbeitslos macht, findet, wie die Beispiele zeigen, in weiten Teilen Europas bei der Bevölkerung keine Zustimmung!

Die Regierungschefs der einzelnen Mitgliedsländer, der Europäische Rat, aber auch die Finanzminister der Mitgliedsländer, die Kommission und die nationalen Regierun­gen müssen die schrankenlose Globalisierung stoppen. Die Staats- und Regierungs­chefs hätten sich am 16. und 17. Juni auf ihrem Gipfel als Signal für die Menschen in Europa die Zeit nehmen müssen, den Menschen zu sagen, wie die unmittelbare, aber auch die längerfristige Entwicklung Europas aussehen kann und aussehen wird.

Tempo und Umfang der politischen Entwicklung haben in den letzten eineinhalb Jahr­zehnten die Europäer, und zwar Regierungen wie Völker, schlicht überfordert. Europäi­sche Regierungschefs, die willens sind, einem gemeinsamen Europa eine Verfassung zu geben, gleichzeitig aber bei den Menschen unfähig erscheinen, sich Grenzen zu setzen, geographische wie politische, das verunsichert die Menschen in Europa, und „das Publikum verlässt den Saal“, schreibt die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 13. Juni.

Geschätzte Frau Außenministerin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Ich bitte Sie alle, dass Sie dafür eintreten, dass wir ein gemeinsames Europa bekommen, in dem wir alle innerhalb Europas Arbeit finden können, in dem eine wirtschaftliche Entwick­lung stattfinden kann und in dem die Menschen auf Grund ihrer Arbeit wieder investie­ren und ihre Arbeitsplätze absichern können.

Herr Staatssekretär Dr. Winkler, Ihnen wünsche ich viel Kraft und Erfolg! Ich wünsche Ihnen auch das Sensorium, das Sie angesprochen haben, und dass Sie es gegenüber den Staats- und Regierungschefs dann ansprechen, wenn es in Richtungen geht, die sich nicht nur für die Menschen, sondern auch für die Wirtschaft schlecht auswirken. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. Ich erteile es ihr.

 


13.10.09

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte Ihnen, Herr Staatssekretär, zu Ihrer neuen Funktion gratulieren und Ihnen alles Gute wünschen. Sie selbst haben gesagt, dass eine schwere Zeit für die Europäische Union kommt und die Europäische Union in einer Krise ist. Ich denke, das sollte man nicht schönzureden versuchen, denn man kann mit Krisen nur dann umgehen, wenn man sie ernst nimmt und versucht, die Probleme wirklich zu lösen.

Es ist dies eine Krise, in die sich die Europäische Union selbst hineinmanövriert hat. Denn wir erleben ständig, dass Kompromisse geschlossen werden, die keine sind, dass die Staats- und Regierungschefs nach Verhandlungen, in denen man sich in letz­ter Minute auf irgendetwas geeinigt hat, nach Hause fahren und dann die Umsetzung


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